„Der Berg Sinai erzählt“
Musikalischer Gottesdienst im Katharina von Bora-Haus mit den Lektorinnen Hildegard Bauer und Gabi Fuchs in der Sommer-Predigtreihe 2020 "Berg-Geschichten"
Musikalische Gestaltung: Felicitas Balzer
Ablauf des Gottesdienstes mit Predigt
Glockengeläut
Musik Bach Präludium C-Dur
Gruß und Besinnung : Gabi
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Der Herr sei mit euch. Und mit deinem Geist.
Liebe Gemeinde!
In unserem Gottesdienst nehmen wir Sie mit auf eine Reise zum Berg Sinai, der uns von Begegnungen verschiedener Menschen mit Gott erzählt.
Eine Begegnung mit Gott oder Jesus Christus stellt uns Menschen in eine besondere Beziehung zu ihm. Dass wir ihm gehören, gibt uns Orientierung und Freude, das macht uns Mut und gibt uns Hoffnung.
So heißt es im biblischen Spruch für diese Woche: „Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit“
Lied 165,1,6,8 Gott ist gegenwärtig
Mose am Berg: Hildegard
Ich bin der Berg Sinai und werde auch Berg Horeb – Gottesberg-genannt. In der vorchristlichen Zeit hieß das Land, in dem ich liege, Midian, südöstlich von Kanaan. Heute ist mein Heimatland Saudi-Arabien und ich stehe in der gebirgigen Wüste auf der Sinaihalbinsel.
Ob Sie hier mein richtiges Foto sehen, können Wissenschaftler nicht ganz genau belegen. Aber das ist nicht so wichtig. Viel entscheidender ist, was ich alles erlebt habe:
Auf mir lebten viele Nomadenvölker. Sie zogen mit ihren Herden umher, immer auf der Suche nach Weidenplätzen für ihr Vieh.
Einmal war ein Mann mit seinen Schafen - beziehungsweise denen seines Schwiegervaters - auf mir unterwegs. Plötzlich merkte ich, dass ein Dornbusch auf mir brannte – und zwar ganz in der Nähe dieses Hirten. Das war nichts ungewöhnliches, dass mal ein Dornbusch brannte.
Doch dieses Mal war es etwas anderes. Der Dornbusch brannte zwar, aber er verbrannte nicht. Der Mann wollte dieses faszinierende Ereignis genauer beobachten und näherte sich dem Dornbusch. Auf einmal erscholl eine Stimme, obwohl weit und breit niemand zu sehen war. Mose! Mose! sprach diese Stimme, worauf der Hirte antwortete: Hier bin ich. Nun befahl die Stimme aus dem Dornbusch Mose, er solle dem Dornbusch fernbleiben und auf dem heiligen Boden die Schuhe ausziehen. Die Stimme erklärte, dass Gott spricht, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Er versprach, die Kinder Israels aus Ägypten zu erretten und in ein schönes, weites Land zu führen, in dem Milch und Honig fließen. Dann beauftragte Gott also diesen Hirten Mose, sein Volk Israel aus Ägypten herauszuführen.
Doch Mose widersetzte sich diesem Auftrag Gottes. Damit Mose dem Volk erklären könne, wer der Gott der Väter ist, nannte dieser seinen Namen: „Ich werde sein, der ich sein werde“. Durch drei Wunder Gottes, die Mose erlebte und die er auch seinem Volk als Beweis von Gottes Wirken zeigen konnte, ließ er sich überreden, nach Ägypten zu ziehen, um sein Volk zu befreien.
Ja, das war eine seltsame Geschichte, die ich da erlebt habe: Da spricht Gott aus einem brennenden Dornbusch mit einem Hirten, zeigt sich aber nicht und nennt sich“ Ich werde sein, der ich sein werde“. Dieser Gott versprach das Beste, was sein Volk Israel jetzt gebrauchen konnte: die Befreiung aus Ägypten und als Ziel ein Land, in dem Milch und Honig fließen.
Musik: Bach Menuett G-Moll
Das Volk am Berg: Gabi
Viele Jahre später zog ein riesiges Volk durch die Wüste zu mir heran. Voraus ging ein Mann, den ich wiedererkannte. Es war Mose mit dem Volk Israel. Während sich die Menschen zu meinen Füßen niederließen, stieg Mose auf meinen Gipfel, um Gott zu begegnen.
Am Morgen des dritten Tages, als es gerade hell wurde, begann es zu donnern und zu blitzen, eine dichte Wolke bedeckte mich, den Berg, und mächtiger Posaunenschall war zu hören. Mein ganzer Gipfel war in Rauch gehüllt, weil der HERR im Feuer auf mich herabgekommen war, und ich erbebte. Der Posaunenschall wurde immer lauter. Und Gott sprach mit einer Stimme, die wie Donner klang.
Als das ganze Volk erlebte, wie es blitzte und donnerte, Posaunenschall ertönte und überall Rauch aufstieg, bekam es große Angst und blieb zitternd in weiter Ferne stehen. Für die Israeliten sah mein Gipfel in einer dunklen Wolke aus wie ein loderndes Feuer. Mose aber näherte sich dieser Wolke, die mich verhüllte, denn darin war Gott.
Gott rief Mose in die dunkle Wolke hinein. Er ging an Mose vorüber und sprach: »Ich bin der HERR! 'Ich bin da' ist mein Name! Ich bin ein Gott voll Liebe und Erbarmen. Nun bat Mose den HERRN: »Lass mich doch den Glanz deiner Herrlichkeit* sehen!«
Der HERR erwiderte: »Ich werde in meiner ganzen Pracht und Hoheit an dir vorüberziehen und meinen Namen 'der HERR' vor dir ausrufen. Es liegt in meiner freien Entscheidung, wem ich meine Gnade erweise; es ist allein meine Sache, wem ich mein Erbarmen schenke. Trotzdem darfst du mein Gesicht nicht sehen; denn niemand, der mich sieht, bleibt am Leben.«
Ein zweites Mal durfte ich erleben, dass Gott sich Mose und dem ganzen Volk Israel zeigte. Sein Erscheinen wirkte auf alle sehr bedrohlich. Gott aber versprach dem Volk seinen Beistand, indem er seinen Namen „Ich bin da“ nannte.
Musik: Bella Bartok Das Chorlied
Elia am Berg: Hildegard
Eines Tages erlebte ich wieder eine seltsame Geschichte.
Ein Mann kam müde und abgehetzt an mir vorbei. Da es schon Abend wurde, legte er sich zum Schlafen in eine meiner vielen Höhlen. Mitten in der Nacht hörte ich eine Stimme, ohne irgendjemanden zu sehen: Was machst du hier, Elia? Dieser Mann war also Elia, einer, der vom Volk Israel übriggeblieben war und dem man das Leben nehmen wollte. Die Stimme forderte Elia auf: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor den Herrn. Und siehe, der Herr wird vorübergehen.
Plötzlich erhob sich ein starker Wind, der sogar meine Felsen zerriss: Das ist der Herr, dachte ich. Doch der Herr war nicht im Wind. Auch im Erdbeben, das mich rüttelte und im Feuer, das auf mir wütete, vermutete ich den Herren. Aber der Herr war nicht drin.
Dann spürte ich ein stilles, sanftes Sausen. Kann das der Herr sein? Doch sofort trat Elia aus seiner Höhle und ich hörte die Stimme des Herrn. Dieser gab Elia den Auftrag, nach Damaskus zu gehen, um dort einen König zu salben. Dieser Aufforderung gehorchte Elia und zog von mir weg.
Dreimal durfte ich nun erleben, wie sich Gott Menschen gezeigt hat: dreimal ganz unterschiedlich: im brennenden Dornbusch, in mächtigen Naturgewalten und im leichten Sausen des Windes.
Weil ich dies erleben durfte, trage ich doch zu Recht den Namen „Gottesberg“
Musik Bella Bartok: Andante Tranquillo F-Moll
Predigt: Gabi
Liebe Gemeinde,
Begegnungen mit Gott. Gibt es das heute noch? Wo können wir Gott erkennen? Wie können wir ihn wahrnehmen?
In den biblischen Geschichten, die wir in unseren Texten erzählt haben ist eines klar geworden:
Gott mit eigenen Augen sehen, von Angesicht zu Angesicht ist unmöglich. Als Mose darum bittet Gottes Angesicht sehen zu dürfen, antwortet ihm Gott:
Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.
Gott zeigt sich in Naturphänomenen, wie dem brennenden Dornbusch, der aber nicht verbrennt. Dem Volk Israel begegnet Gott sehr bedrohlich, in Blitz, Donner und Erdbeben. Der Berg Sinai ist in eine dichte dunkle Wolke gehüllt, weil der Herr im Feuer auf den Berg herabgekommen ist. Seine Stimme klingt wie Donner und Posaunenschall. Dies ruft beim Volk große Angst hervor-.
Elia erlebt Gott ganz anders: nicht in Wind, Feuer und Beben sondern im leisen Sausen, das Elia, wenn er nicht aufmerksam gewesen wäre, leicht überhört hätte.
Die Bibel beschreibt noch andere Möglichkeiten Gott zu begegnen, z.B. in Visionen, im Traum oder durch Engel.
Und trotzdem sind es immer ganz persönliche Begegnungen, die in der Bibel erzählt werden.
Wenn Gott mit den Menschen spricht, können sie ihm so begegnen, wie 2 Menschen untereinander. Er nennt Mose und Elia beim Namen und kommt mit ihnen ins Gespräch.
Im Neuen Testament zeigt sich Gott in einer besonderen Form. Er kommt als Mensch, in Jesus Christus, zu uns auf die Erde. Er begegnet uns also ganz real, als Immanuel, was heißt: „Gott-mit-uns“. Jesus selbst tritt den Menschen Auge in Auge gegenüber. Das Neue Testament ist voll mit persönlichen Begegnungsgeschichten, z.B.: Johannes der Täufer verkündet Jesus als den Retter. Die Samariterin erkennt ihn als ihren Erlöser.
Das Schöne daran ist, dass auch wir uns in diesen zahlreichen Begegnungsgeschichten der Bibel wiedererkennen können. Man kann sich mit diesen Personen identifizieren und begegnet dadurch Jesus und damit auch Gott.
Aber begegnen wir damit Jesus und Gott nur indirekt? Denn wir können sie nicht riechen, nicht schmecken oder fühlen. Auch sehen und hören können wir Jesus und Gott nicht. Oder vielleicht doch?
Franz von Assisi schärfte seine geistigen Sinne, um Gottes Schöpfung und dadurch Gott selbst wahrzunehmen. Er lehrte: Alles, was ich mit meinen Sinnen erfahren kann, kann auf Gott hin „durchsichtig“ werden. Er hat sich ganz einem Leben in der Gegenwart verschrieben. Uns fällt es oft sehr schwer, im Hier und Jetzt zu leben. Unsere Gedanken kreisen um den nächsten Einkauf, eine anstehende schwierige Aufgabe oder die Rechnung, die noch bezahlt werden muss. Franz von Assisi konnte durch sein bewusstes Leben das Schöne und Liebliche in Gottes Schöpfung sehen und dadurch seine Gegenwart geradezu riechen und schmecken.
Auch wir können die Schönheit einer zarten Pflanze sehen, den Duft von Kräutern riechen, das weiche Gras unter nackten Füßen fühlen, das gewaltige Rauschen eines großen Wasserfalls hören und einen süßen Apfel schmecken. Dadurch können wir über Gottes Schöpferkraft staunen, über das Wachstum, die Schönheit aber auch über die Urgewalten.
Die Begegnung mit Gott wird über menschliche Sinne erfahrbar.
In der Schöpfungsgeschichte bläst Gott selbst den Menschen seinen heiligen Atem ein. Jeder bewusst gemachte Atemzug, den wir tun, birgt die Möglichkeit, Gott in der Gegenwart zu begegnen. Immer wenn wir bewusst im Augenblick leben, kann Gott als der „ich bin da“ erfahren werden. Gott selbst hatte Mose diesen Namen offenbart.
Aber wie soll das in unserem Alltag möglich sein? Unser täglicher Zeitplan treibt uns an, unsere Gedanken sind auf den nächsten Termin oder die kommende Arbeit fokussiert. Und deshalb bittet Teresa von Ávila gerade im Alltagsgeschäft um eine Begegnung mit Gott, wenn sie betet: »Herr der Töpfe und Pfannen, ich habe keine Zeit, eine Heilige zu sein und dir zum Wohlgefallen in der Nacht zu wachen, auch kann ich nicht meditieren in der Morgendämmerung und im stürmischen Horizont. Mache mich zu einer Heiligen, indem ich Mahlzeiten zubereite und Teller wasche. Nimm an meine rauen Hände, weil sie für dich rau geworden sind. Sei du bei mir bei allem, was mir vor die Hände kommt.
Franz von Assisi begegnet Gott in besonderen sinnlichen Erfahrungen und Teresa von Ávila erlebt ihn auch im Alltagsgeschäft. Gott kann den Menschen in unterschiedlichen Situationen begegnen.
Wir dürfen nicht erwarten, dass wir Gott in einem so konkreten Erlebnis erfahren, wie Mose und Elia es hatten. Eine Gottesbegegnung können wir nicht herbeiführen.
Sondern sie geschieht einfach, wenn wir uns für ihn öffnen. Denn Gott ist immer um uns und begleitet uns, so dass wir ihm in jedem Augenblick begegnen können.
Auch für Jesus ist das „sich Öffnen“ die entscheidende Haltung, wenn er sagt: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.
Kanzelsegen Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen
Lied 08, 1-4 Du bist ewig, du bist nah
Abendgebet nach Dieffenbach Hildegard
Bleibe bei uns Herr, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget.
Bleibe bei uns und bei deiner ganzen Kirche.
Bleibe bei uns am Morgen des Tages, am Morgen unseres Lebens und segne den Täufling Franziska Emilia Eder und ihre Eltern.
Bleibe bei uns, wenn wir dich aus den Augen verlieren, wenn wir dich nicht mehr spüren können, wenn wir dein Wort nicht mehr hören und aufnehmen können.
Bleibe bei uns mit deiner Gnade und Güte, mit deinem Wort und Sakrament mit deinem Trost und Segen.
Bleibe bei uns am Abend des Tages, am Abend des Lebens, am Abend der Welt.
Bleibe bei uns bei allen deinen Gläubigen in Zeit und Ewigkeit. Amen
Vater unser
Vater unser im Himmel geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Lied 483, Herr bleibe bei uns
Segen: Hildegard
Geht in diesen Abend und in die neue Woche mit dem Segen Gottes
Der Herr segne und behüte Euch, der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Euch und sei Euch gnädig, der Herr erhebe sein Angesicht auf Euch und gebe Euch + Frieden
Amen
Musik Bach Aria und Menuett