Gottesdienst am 2. Passionssonntag
Sonntag Reminiscere
Sonntag, 16.03.2025 um 10:00 Uhr
im Katharina von Bora-Haus, Berg
mit Pfarrer Johannes Habdank
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.
Röm 5,8 | Wochenspruch
Nachfolgend die Predigt zum Nachlesen.
Predigt über die Dornenkrone am 2. Passionssonntag 2025
von Pfarrer Johannes Habdank
Lesung der Passionsgeschichte über die Dornenkrone:
Johannes 18,28-19,5: Jesu Verhör vor Pilatus
Da führten sie Jesus von Kaiphas vor das Prätorium; es war aber früh am Morgen. Und sie gingen nicht hinein in das Prätorium, damit sie nicht unrein würden, sondern das Passamahl essen könnten. Da kam Pilatus zu ihnen heraus und sprach: Was für eine Klage bringt ihr vor gegen diesen Menschen? Sie antworteten und sprachen zu ihm: Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten dir ihn nicht überantwortet. Da sprach Pilatus zu ihnen: So nehmt ihr ihn und richtet ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm: Es ist uns nicht erlaubt, jemanden zu töten. So sollte das Wort Jesu erfüllt werden, das er gesagt hatte, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.
Da ging Pilatus wieder hinein ins Prätorium und rief Jesus und sprach zu ihm: Bist du der Juden König? Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben dir’s andere über mich gesagt? Pilatus antwortete: Bin ich ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überantwortet. Was hast du getan? Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von hier. Da sprach Pilatus zu ihm: So bist du dennoch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es: Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeuge. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme. Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit?
Und als er das gesagt hatte, ging er wieder hinaus zu den Juden und spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm. Ihr habt aber die Gewohnheit, dass ich euch einen zum Passafest losgebe; wollt ihr nun, dass ich euch den König der Juden losgebe? Da schrien sie wiederum: Nicht diesen, sondern Barabbas! Barabbas aber war ein Räuber.
Da nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln. Und die Soldaten flochten eine Krone aus Dornen und setzten sie auf sein Haupt und legten ihm ein Purpurgewand an und traten zu ihm und sprachen: Sei gegrüßt, König der Juden!, und schlugen ihm ins Gesicht. Und Pilatus ging wieder hinaus und sprach zu ihnen: Seht, ich führe ihn heraus zu euch, damit ihr erkennt, dass ich keine Schuld an ihm finde. Da kam Jesus heraus und trug die Dornenkrone und das Purpurgewand. Und Pilatus spricht zu ihnen: Sehet, welch ein Mensch!
Gedanken zu Krone und Dornenkrone
Liebe Gemeinde,
das Tragen von Kronen, lat. corona, kam geschichtlich schon früh im Alten Orient in Gebrauch. Bereits im Alten Ägypten, im Babylonischen Reich, in Persien und im antiken Griechenland trugen Herrscher eine Krone bzw. eine Königsbinde oder ein Diadem, eine Tiara, wie man eine geschlossene Krone nennt, später übernommen von den byzantinischen Kaisern sowie von den Päpsten, die bis zum Jahre 1964 - Zeit des Vaticanum II - eine dreifache Krone trugen.
Krone - Ausdruck der Stärke und der machtvollen Herrschaft.
Die Dornenkrone Jesu Christi ist dazu eine Art Gegenmodell: stéphanos ex akanthón, ntl. Griechisch, wörtlich: Kranz aus Dornen, ein biblischer Begriff aus den Evangelien. Drei von vier Evangelien - nur Lukas nicht, warum nicht? Fragen Sie ihn bitte selber … - berichten, dass Jesus von Nazareth von römischen Soldaten ein Kranz aus Dornen aufgesetzt wurde. Zusammen mit einem Schilfrohr als Zepter und einem roten Umhang statteten ihn die Soldaten zum Hohn mit solch „königlichen“ Symbolen aus, während sie ihn misshandelten, also folterten und verspotteten.
Die Bedeutung der Krone, an sich Ausdruck von Macht und hoheitlicher Würde der Herrschaft ihres Trägers, wird also in ihr Gegenteil verkehrt und als Dornenkrone zum Instrument der Herabsetzung, Verspottung und Schande gemacht.
Schon im Neuen Testament, im frühen Christentum und dann vor allem im Mittelalter wird die Dornenkrone in ihrer Bedeutung aber zunehmend positiv besetzt und interpretiert: als wichtiger Ausdruck und Zeichen der Passion Jesu Christi, als Attribut und wesentliches Sinndeutungszeichen des leidenden und gekreuzigten Christus. Speziell in der Kunst der Gotik entwickelt sich die Kranzform der Dornenkrone.
Im 11. Jahrhundert wird übrigens erstmals eine Dornenkronen-Reliquie in Jerusalem verehrt - also 1000 Jahre später. Über die Kreuzzüge gelangen Teile davon nach Europa: Venedig, Paris, in den Vatikan, nach Belgien. Es wird auch berichtet, dass Graf Rasso schon im 10. Jahrhundert, also vor den Kreuzzügen, von einer Pilgerreise ins sog. Heilige Land einen Zweig aus der Dornenkrone mit in unsere bayerische Heimat nach Andechs gebracht haben soll. Kann man heute noch in der Klosterkirche in Andechs besichtigen und verehren. Wer daran glaubt / wer´s glaubt, wird selig! Die österreichische Kaiserkrone in der Schatzkammer in Wien etwa ist nichts dagegen, liebe Gemeinde!
Genau darum geht´s: Die Dornenkrone ist Kritik und unscheinbare Überbietung jeder weltlichen Krone geworden, so der christliche Glaubensanspruch!
Die Dornenkrone gilt als ein wesentlicher Gegenstand der Passion, symbolisiert sie nämlich die verborgene, geistliche Herrschaft Christi, denn: Jesus hat zu Zeiten seines Lebens und öffentlichen Wirkens in Wort und Tat gerade nicht ein Konzept äußerlicher Macht vertreten und gelebt, sondern ein geistliches, gleichwohl wirkmächtiges Programm: der Liebe Gottes, der Nächsten- und sogar Feindesliebe, der Vergebung und der Demut, der Besonnenheit und der unendlichen Geduld mit den Menschen. Beruhend auf dem Sinn für die sog. Sünder, die Schwachen, die Ausgegrenzten, also die, die am Rande stehen, die Grenzwertigen. Damals wie heute.
Und wer von uns, wenn er ehrlich ist, gehört nicht auch einmal in seinem Leben dazu? Zu den Sündern, den Gottfernen, den Schwachen und Schwächelnden, denen, die nicht dazu gehören, einmal am Rande stehen, oder die sich grenzwertig benehmen? Den nicht Erfolgreichen und schon gar nicht Mächtigen, manchmal auch ihrer selbst nicht mehr Mächtigen, weil du dein Leben selber nicht mehr im Griff hast? Wer gehört nicht auch einmal zu den Leidenden, um die sich vielleicht keiner mehr recht kümmern mag?
Genau für die war Jesus da, und ist es auch noch heute, im Geiste.
„Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig“, hat der Apostel Paulus einmal gesagt - kongenial zu Jesus. Und er hat auch die Voraussetzung für diese Lebenseinstellung und diesen Glauben klar benannt, die über jede irdische Macht und Krone hinausweist, ob man sie sichtbar trägt oder unsichtbar tragen zu müssen meint.
Die geistige Grundlage der Dornenkrone lautet, göttliches Wort:
„Lass dir an meiner Gnade genügen!“ -
Das ist genug. Soll auch uns genügen!?
So sei es. Amen.