Predigt von Prädikant Peter Schickel am 24.12.2024
Predigttext: Jesaja 9,1-6 unter dem Eindruck der Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2
Liebe Gemeinde,
im Buch des Propheten Jesaja steht:
Das Volk, das im Finstern wandelt,
sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern
Land, scheint es hell. Du weckst lauter Freude. Du hast die schwere
Last von ihren Schultern genommen. Du hast die Waffen zerbrochen.
Denn uns ist ein Kind geboren. Und es heißt
Wunder-Rat.
Gott-Held.
Ewig-Vater.
Friede-Fürst.
Amen.
Und das von dem Licht, der Freude und dem neu geborenen Kind mit diesen ganzen erstaunlichen Namen, das haben wir ja gerade in der Weihnachtsgeschichte gehört.
Es ist die schönste Geschichte der Welt. Da brauch ich Ihnen eigentlich gar nichts mehr zu erzählen, hier und heute am Heiligen Abend. Aber sie geht noch weiter, diese Geschichte, sozusagen Weihnachten 2.0. Denn es ist auch eine Geschichte von Josef.
Es ist schon eine besondere Geschichte in dieser Nacht, die Geschichte von Josef.
Von Himmelsglanz und Gloria, vom Fürchtet euch nicht! und dem Mut der Hirten. Von Marias engelsgleicher Schönheit und ihrer Gelassenheit. Irgendwann, da kommen dann immer Ochs und Esel vor und die Schafe und wie ärmlich der Stall war.
Joseph sieht sich um im Stall. Leise hört er Maria neben sich atmen. Sie sieht erschöpft aus. Abgekämpft war sie, überglücklich, mit dem Baby im Arm. Zeigen wollte sie ihm das Kind gerade, als die Stalltür mit einem donnernden „Halleluja! Christ, der Retter ist da!“ aufflog und die himmlischen Heerscharen und die Hirten einmarschierten. „Macht die Tür zu, sonst holt sich Christ, der Retter eine Erkältung!“ hat er gerufen, aber er wurde mit einem Blick zum Schweigen gebracht. Maria strahlte, das Baby giggelte, der ganze Stall war erfüllt vom Glanz Gottes. „Wie soll er heißen?“ fragte ein Hirte. Und er, Joseph, wollte gerade antworten: „Der Erzengel Gabriel hat uns einen super Vorschlag gemacht, eigentlich echt ungewöhnlich für unsere Familie, weil, wie ihr vielleicht wisst, ich gehöre zum Hause David…“, da hört er Maria antworten: „Er heißt Jesus.“
Und er Joseph, hat seinen Mund wieder zu gemacht und ab da geschwiegen. Hat aufgeräumt, es schön warm gehalten im Stall.
War ein wenig neidisch auf diese Riesen-Gotteserfahrung der Hirten. Mitten bei der Arbeit auf dem Feld, ein großes Fürchtet euch nicht! von Gott. Genauso hat es Maria erfahren, Gottes Fürchte dich nicht!
Bei ihm war es nicht so. Dabei hat er, Joseph, sich von Anfang an sich sehr gefürchtet.
Das Baby bewegt sich leise in der Krippe, Joseph hört das Stroh rascheln. Er blickt auf. Maria schläft selig weiter, wahrscheinlich bewegt sie all die Worte und Eindrücke in ihrem Herzen.
Vorsichtig tritt Joseph an die Krippe und blickt hinein. „Hallo Jesus!“ sagt er leise und erschrickt ein wenig, weil Jesus ihn aufmerksam anblickt. Jetzt möchte Joseph auch etwas Bedeutendes sagen, wie die Hirten und die Engel. Möchte diese tiefe Verbindung zum Baby haben, wie Maria.
Aber ihm fällt nichts ein.
„Wunder-Rat, Gott-Held, Friede-Fürst, du hast große Namen, weißt du das? Ich bin Joseph.“, fängt er an. Jesus verzieht keine Miene. Joseph denkt nach, während Jesus ihn beobachtet. Sie schauen sich an, dann trifft Joseph eine Entscheidung. In dieser Nacht der Nächte, mit der Geschichte der Geschichten, da wird er Gottes Sohn seine Geschichte erzählen.
„Ich bin Joseph. Ich bin einer, der bleibt. Das ist eigentlich nichts Besonderes, aber irgendwie auch schon. Ich komme aus einer guten Familie, aber bei uns ist es wie bei vielen: Der Lack ist schon ab. Mein Vorfahre und damit jetzt schon irgendwie auch deiner, war der große König David. Aber das ist lange her. Heute sind wir Zimmerer und keine Könige. Ich bin geboren und aufgewachsen in Nazareth - nicht in Berg - und ich mag es da. Jeder kennt mich und ich kenne jeden. Verwurzelt bin ich dort, mein Betrieb läuft gut.
Und dann das Kuddelmuddel, von wegen Volkszählung und Bethlehem und natürlich nichts vorbereitet und deswegen auch keine Herberge. Jetzt hier der Stall und deine Geburt. Ich hätte euch gerne etwas anderes geboten.“
Joseph hört auf zu erzählen, Jesus hatte ihn die ganze Zeit unverwandt angeblickt. Auch jetzt kommt kein Fürchte dich nicht! vom Himmel.
Sanft streicht Joseph über die Babywange von Jesus. Jesus strampelt fröhlich. Vorsichtig nimmt Joseph ihn hoch und legt ihn auf seine Schulter. Er spürt, dass sich der kleine schnelle Herzschlag mit seinem eigenen verbindet.
Und er weiß, auch das wird für immer zur Geschichte dieser Nacht gehören:
Dass da einer ist, der kein Fürchte dich nicht! gehört hatte und trotzdem geblieben ist. Dass da einer ist, der weiß, dass Hoffnung nicht einfach so vom Himmel fällt. Dass da einer ist, der um seine Hoffnung gekämpft hat. In dunkelster Nacht. Ohne Gloria und Halleluja. Dass da einer ist, der weiß, wie schwer das Loslassen ist.
Und der es trotzdem gewagt hat, indem er blieb.
In jener Nacht der Nächte, in der unsere Geschichte begann, da trug Joseph Jesus. Zaghaft vielleicht. Mit Furcht vielleicht. Das gehört dazu, zu jener Nacht, zu unserer Geschichte als Christinnen und Christen.
Übrigens, der Name Jesus heißt „Gott rettet.“
Das ist das Versprechen dieser Nacht.
Für immer.
Liebe Gemeinde,
ach ja, den Ruf der Engel hab ich noch im Ohr.
Siehe, ich verkündige euch große Freude,
singt der Engel. Große Freude!
Es begab sich…
…und die Klarheit Gottes
leuchtete um sie.
Da sprach der Engel zu den Hirten
fürchtet euch nicht.
Die Klarheit Gottes leuchtete um sie.
Das muss eine lichte Helle gewesen sein, liebe Gemeinde. Das muss eine Helle gewesen sein, dass sie solche Freude und solchen Mut und Lebenskraft hervorgerufen hat.
Wahre Freude kann man nicht verordnen. Man kann sie nicht erzwingen. Sie geschieht oder geschieht nicht. Wie wenn jemand ein Licht anzündet.
Das gesalbte Kind mit den vielen Namen kommt heute auch in die Welt zu uns.
Es heißt: Wunder-Rat. Gott-Held.
Nicht einfach nur Jesus. Sondern Friedefürst.
Alles Namen der Hoffnung.
Gott trägt sogar viele dieser Namen. Und Sie? Wie würden Sie gerne heißen heute an Weihnachten?
Vielleicht heißen sie eigentlich in Wahrheit ganz anders. Nur mal angenommen. Heute in dieser Heiligen Nacht dürften sie sich einen neuen Namen geben. Vielleicht ein Fantasiename:
Fliege-weiter oder Träume-mehr. Oder Kündige-endlich oder Heirate-endlich! Oder trau dich endlich
oder Josef, bleibe endlich bei Maria, es lohnt sich.
Vielleicht passt auch ein anderer Name zu ihnen: Tröste-gut oder Gott-helf oder vielleicht Friede-stift.
Wie hießen die früher alle mit dem hellen Licht der Hoffnung?
Eine hieß Maria damals, sie glaubte.
Eine hieß Magdalena, sie wandte sich um und erkannte plötzlich alles.
Einer hieß Petrus, er baute auf,
einer Paulus, er reiste durch die ganze Welt,
einer hieß Lukas er schrieb, damit wir heute davon lesen können.
Einer hieß … wie heißen Sie? Ja, Sie?
Heute kenne ich ja nicht alle in der Kirche… Aber alle sind Sie gemeint.
Alle. Sie alle sind heute hier in der Kirche, weil uns damals ein neuer Name der Hoffnung geboren wurde.
Vielleicht sagt Ihr Weihnachtsname
Name, wer Sie schon sind. Was nur Sie besonders gut können. Vielleicht
sagt dieser Name, wer Sie sein können, wenn Sie dürften: Karl Valentin könnte dazu sagen: „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut." (Karl Valentin) ,
Vielleicht
sagt Ihr Name schon aus, wer Sie sein könnten. Wer Sie eigentlich sein wollen.
Wenn sie nicht immer der sein müssten, den alle kennen.
Aber mit neuen Namen kommt gleichzeitig eine Veränderung. Das Licht der Hoffnung braucht diese Möglichkeit zur Veränderung.
Und dieses Licht der Hoffnung auf Veränderung für unser Leben - für die Welt - wird seit zweitausend Jahren weitergegeben von Mensch zu Mensch, wie unser Licht heute an Weihnachten.
Und dieses Licht wird heute an Weihnachten an uns weitergereicht.
Unser Licht der Hoffnung ist geboren!
Halleluja!
In Ewigkeit.
Und das Licht strahlt in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht ergriffen.
Nicht nur vor zweitausend Jahren, sondern jeden Tag bis ans Ende der Welt.
Und es begab sich… da warst Du mir geboren, hoffentlich und strahlend!
Licht an!
Amen.