mit Christiana Biron aus Ammerland
Im Foyer des Katharina von Bora-Hauses zeigt die Künstlerin einen Monat lang einige ihrer Collagen.
Christiana Biron, die auch unter dem Pseudonym tiana-alexis ausstellt, wurde 1977 in München geboren. Nach einer Ausbildung zur Kommunikationsdesignerin im „Institut für Grafik und Design“ in Hamburg zog sie 2004 für einige Jahre nach Sarajevo. Ihre Eindrücke vom Leben in der zerbombten Stadt und von der ethnischen Vielfalt, auf die sie dort traf, fanden Niederschlag in ihrer künstlerischen Arbeit: Seither entstehen kleinteilige Collagen, die gleichsam aus Bruchstücken neue Verbindungen schaffen, die Zerrissenes und Verletztes heilen oder doch zumindest sichtbar machen wollen. Darüberhinaus arbeitet Christiana Biron seit 2006 mit Kindern, denen sie Kreativunterricht gibt, unter anderem in einem Kinderheim in Sarajevo, in einem Bildungszentrum in Berlin und in einer Flüchtlingsunterkunft in Seeheim. Sie lebt und arbeitet in Ammerland.
Homepage der Künstlerin: http://tiana-alexis.de/
Fotos von der Vernissage (Jörn Kachelriess) sind hier zu sehen. Am 16.11.2021 hat der Geretsrieder Merkur Christiana Biron und ihre Collagen vorgestellt.
Hier der vorstehend referenzierte Artikel aus dem Geretsrieder Merkur zum dauerhaften Nachlesen.
Geheimnisvolle Collagen : Christiana Biron setzt Fundstücke zu neuen Welten zusammen
Ammerland am Starnberger See übt auf Künstler von je her eine große Faszination aus. Hier lebt auch Christiana Biron, die sich mit Collagen einen Namen gemacht hat.
Münsing – Ammerland ist ein Ort, der auf Künstler eine große Faszination ausübt. Der Humorist Loriot, der hier jahrzehntelang lebte und arbeitete, sprach von der „unvergleichlichen Atmosphäre“ in dem alten, urwüchsigen Dorf. In einer kleinen Serie erinnern wir an einige Künstler, die sich hier inspirieren ließen, seien es Einheimische oder Zugereiste. Heute: Christiana Biron, die sich mit Collagen einen Namen gemacht hat. Doch auch Performances, Installationen, Videoarbeiten und Gedichte stehen in ihrer Vita.
Christiana Biron, deren Künstlername Tiana Alexis lautet, wird 1977 in München geboren. Ihre Mutter ist die bekannte Restauratorin und Porträtistin Elisabeth Biron, ihr Vater der ehemalige Physiker Ernst Biron von Curland. Sie wächst an der Nördlichen Seestraße in Ammerland auf, einer „gesunden, grünen Welt“. In Hamburg studiert sie Kommunikationsdesign und arbeitet als Volontärin bei einer Musikvideo-Produktion in Berlin. Kunst ist für sie ein Mittel der Kommunikation, die im Betrachter etwas auslösen soll. „Mein Ziel ist nicht, dass jemand sagt: Oh, wie schön“, erklärt sie. „Mein Ziel ist, dass das Gegenüber in Resonanz geht.“ Rein Dekorative Kunst ist ihr fremd.
Eine wichtige Station in ihrem Leben ist Sarajevo, wohin sie 2005 für mehrere Jahre zieht. Vom Zustand der bosnischen Metropole nach dem Krieg ist sie ebenso fasziniert wie erschüttert. „Die zerbombte Stadt lag verletzt und verwundet vor mir“, sagt sie über diese Zeit. Darauf reagierte sie als Künstlerin, indem sie sich der Collage zuwandte. „Ich fand die Möglichkeit und Freiheit, Verbindungen und Vereinigungen zu schaffen, die in der realen Welt oft unmöglich bleiben.“ Der Ansatz der Collage besteht darin, aus Bruchstücken neue Welten zu kreieren. Das Resultat ist der Band „Von Träumen und Kriegern“, wobei viele Collagen durch Gedichte erläutert werden.
Doch Christiana Biron reagiert auch unmittelbar politisch. So entwirft sie Unterhosen mit Parolen gegen die grassierende Korruption. Sie ist Mitgründerin der Künstlergruppe „Baraka“. Außerdem fängt sie in Sarajevo etwas an, das sich bis heute in ihrem Leben durchzieht: Sie gibt Kreativworkshops für Kinder und Erwachsene, einst im Waisenhaus in Sarajevo, später in Berlin für Kinder mit Migrationshintergrund und Flüchtlingskinder. Sie ist aber auch an heimischen Kindergärten, Schulen und Museen tätig, etwa in Beuerberg oder Glentleiten – soweit es die Pandemie derzeit erlaubt.
Ein konstantes künstlerisches Ausdrucksmittel sind für die Ammerlanderin Collagen geblieben. Viele Betrachter verwechseln sie zunächst mit kleinen Gemälden. Doch dieser Eindruck täuscht: Alles daran ist zusammengesetzt, aus Dingen, die Christiana Biron früher oder später in die Hand fallen. „Die Entstehung ist ein innerer Prozess, bei dem es ganz schnell gehen kann oder der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt“, erzählt sie.
Materialien findet sie überall, in Zeitungen, Zeitschriften, alten Kinderbüchern, ja sogar in ihrem Garten. Die Federn ihrer Enten – Christiana Biron ist eine große Tierfreundin – kommen immer wieder vor, etwa als Haupthaar von Menschen. Der Ausdruck der Bilder ist meist rätselhaft, tiefgründig, im weitesten Sinne romantisch. Wie bei einem Gedicht, das seine Bedeutung nicht preisgeben will.
In der jüngeren Vergangenheit hat die Mutter einer Tochter die künstlerischen Arbeiten der Klosterschwestern in Beuerberg inventarisiert. Dabei entdeckte sie, dass die Nonnen ganz ähnlich gearbeitet haben wie sie selbst – sie sammelten in ihren Behältnissen Dinge des Alltags und setzten sie dann zu einem Kunstwerk zusammen. „Ich habe mir die Frage gestellt: Was kann heutzutage noch christliches Design sein, fernab von knalligen Jesus-Shirts?“ Das Ergebnis ist eine Postkartenserie mit dem Titel „Hommage an die Beuerberger Salesianerinnen“, die von den originalen Zeichnungen der Klosterschwestern inspiriert sind und in ein zeitgenössisches Design übersetzt wurden. Die acht entstandenen Motive sind voller subtiler Andeutungen auf das Christentum, aber auch jedem zugänglich, dem die christliche Ikonografie wie Taube oder Lamm nicht zugänglich ist. Die Postkarten sind im Shop des Klosters Beuerberg erhältlich, sobald er wieder geöffnet ist.
Ammerland als Umfeld ist der Künstlerin wichtig. Vor allem die Menschen, die sie als „offen und herzlich“ kennengelernt hat. So hat sie kürzlich für den Erlebnis-Bauernhof der Familie Walser aus Münsing eine Holzkuh entworfen und zusammen mit Kindern bemalt. Der Zweck: An diesem Melkstand sollen junge Besucher lernen, wie man Kühe melkt. „Auch aus diesem Grund habe ich diese Arbeit wahnsinnig gerne gemacht“, erzählt sie. Als Ammerlanderin für ihre Gemeinde.