19.05.2024 - Pfingstsonntag

Frischer Wind an Pfingsten - Radltour zum evangelischen Gottesdienst

um 10:00 Uhr in St. Valentin in Allmannshausen

mit Prädikant Peter Schickel
 

Pfingsten gilt gemeinhin als die Geburtsstunde des Christentums, weil da der Heilige Geist wie ein frischer Wind die ersten Jünger mit neuem Schwung belebte. An diesem Pfingstsonntag, dem 19. Mai hat sich die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde in Berg eine schwungvolle Pfingstradltour ausgedacht. Denn der Geist weht, wo er will - auch auf dem Drahtesel! Diesmal in die schöne Barockkirche St. Valentin nach Allmannshausen aus dem 17. Jahrhundert.

Nachstehend zum Nachlesen Prädikant Schickels Predigt über die belebende Wirkung des Heiligen Geistes.

Fotos in der Bildergalerie.

 


Predigt am Pfingstsonntag 2024 von Prädikant Peter Schickel

 

Predigttext: Hesekiel 37, 1-14

 

1 Des HERRN Hand kam über mich, und er führte mich hinaus im Geist des HERRN und stellte mich mitten auf ein weites Feld; das lag voller Totengebeine. 2 Und er führte mich überall hindurch. Und siehe, es lagen sehr viele Gebeine über das Feld hin, und siehe, sie waren ganz verdorrt. 3 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, meinst du wohl, dass diese Gebeine wieder lebendig werden? Und ich sprach: HERR, mein Gott, du weißt es. 4 Und er sprach zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des HERRN Wort! 5 So spricht Gott der HERR zu diesen Gebeinen: Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet. 6 Ich will euch Sehnen geben und lasse Fleisch über euch wachsen und überziehe euch mit Haut und will euch Odem geben, dass ihr wieder lebendig werdet; und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin. 7 Und ich weissagte, wie mir befohlen war. Und siehe, da rauschte es, als ich weissagte, und siehe, es regte sich und die Gebeine rückten zusammen, Gebein zu Gebein. 8 Und ich sah, und siehe, es wuchsen Sehnen und Fleisch darauf und sie wurden mit Haut überzogen; es war aber noch kein Odem in ihnen. 9 Und er sprach zu mir: Weissage zum Odem; weissage, du Menschenkind, und sprich zum Odem: So spricht Gott der HERR: Odem, komm herzu von den vier Winden und blase diese Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden! 10 Und ich weissagte, wie er mir befohlen hatte. Da kam der Odem in sie, und sie wurden wieder lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein überaus großes Heer. 11 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns. 12 Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels. 13 Und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch, mein Volk, aus euren Gräbern heraufhole. 14 Und ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben sollt, und will euch in euer Land setzen, und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der HERR. 

Predigt

Knochentrocken kommt unser Predigtwort heute an Pfingsten daher.

Im Anfang - Knochentrocken wie ein Dokumentarfilm mit leichtem visuellem Rauschen, aber trotzdem großes Kino, liebe Gemeinde – großes Kino. Eine große Vision. Ein großartiger Monumentalfilm über das Lebendigwerden. 

Da sieht einer ein flaches Feld bis zum Horizont übersäht mit menschlichen Knochen.

Er sieht Oberschenkel und Rippen, Ellen und Gelenke, Brustbeine und Fingerknöchel und alles was dem Menschen ein Gerüst gibt.

Wie achtlos weggeworfen dörren die Knochen in der erbarmungslosen Wüste. Verstreut, und reglos. Große und kleine, alte und junge. Welche Vergeudung! Welche Überzeichnung. Welche Schande.

Kein Hügel lockert den Blick des Sehers auf, kein Berg erhebt sich über die bleiche Weite und könnte ihm Hilfe bringen. Nichts als Dürre, Vertrocknung und Tod ist in Sicht – ein „Gegen-Leben“.

Und genau da hinein, wird er gestellt in dieses Gegen-Leben. Er wird von Gott ergriffen – der ganze Mensch, hochgehoben wie ein kleines Menschenkind, aber dennoch behutsam auf seine eigenen Beine gestellt, wie wenn er das Stehen und das selbstständige Gehen erst noch lernen müsse. Er darf sich mit seinen eigenen Augen davon überzeugen, wird scheinbar an der Hand genommen und hindurchgeführt durch diese Szenerie wie bei einem Pressetermin, wie einer der eine Dokumentation drehen soll, ein Exklusivinterview, vorbereitet für die beste Sendezeit. Oder ein kleiner Sohn, der von seinem Vater etwas über das Leben lernt.

Ezechiel oder Hesekiel, nennt Luther, das Menschenkind, den Reporter, den Propheten, den Seher, den Augenzeugen der Lehrstunde Gottes. Er soll eine Dokumentation über die Macht des Herrn drehen, über das, was Gott vermag zu tun, selbst in vermeintlich ausweglosen Situationen. Und er soll es weitersagen, so drastisch wie möglich und mitten in sein eigenes Leben hineinnehmen.

Denn die Gebeine, die er sieht gehören zu den Seinen. Seinem eigenen Volk, das kurz zuvor ins Exil vertrieben wurde. Auch er selbst, Hesekiel wurde verschleppt. Am Flussufer treffen sie sich und erzählen von der Heimat. Ihre Instrumente haben sie in die Trauerweiden gehängt. Denn sie wollen keine Psalmen mehr singen oder können es nicht mehr. Sie sind enttäuscht von ihrem Herrn. In so einem Zustand sind sie nun. Ein Volk, verschleppt, besiegt und zerstreut, hoffnungslos, wie lauter trockene Knochen, weit entfernt von Gott.

11b Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns.

Schon tot und doch noch mitten im Leben, liebe Gemeinde, ich frage mich, kann das sein.

Ja, das kann sein. Manch einer findet sich auch heute vermeintlich wie plötzlich in eine knochentrockenen Lebens-Dürre gestellt. Gedrückt und niedergeschlagen vegetiert er nur noch kläglich und weiß nicht ein noch aus. So wie Hesekiel selbst.

Aber glaubt der Prophet dann auch, was Gott ihm zu predigen aufgibt? Dass diese Knochen wieder lebendig werden können. Er antwortet zunächst eher diplomatisch: „HERR, mein Gott, du weißt es.“ (Hes, 37,3b).  Vielleicht  zögert er noch etwas mit dem Glauben an das Leben. Aber er glaubt auch nicht, dass er mehr weiß als Gott, sondern er vertraut darauf, dass Gottes Horizont weiter reicht als sein eigener. Und es kommt anscheinend auch nicht darauf an, dass der Prophet mehr glaubt, als die Anderen. Denn der einzig Ewig-Lebendige ist nur Gott. „Ich rede es, und tue es auch, spricht der Herr“ (Hes, 37,14). Hesekiel aber gibt dem Lebensatem Gottes eine Chance und vertraut sich dem Gott an, der allein verwandeln kann.

Gott sagt zum Propheten: „Sprich zum Odem: So spricht der Herr, komm herzu von den vier Winden und blase die Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden" (Hes 37,9).
Und er tut, was er sagt. 

Insofern spielt der Prophet doch nicht eine rein passive Rolle in diesem Geschehen, sondern er schlüpft in die Sprachrolle Gottes. Er sagt, was zu sagen ist, damit geschieht, was geschehen soll. Die Macht seiner Worte hat lebensverändernde Kraft. Sie setzt das Wirken des Geistes Gottes frei. Göttliches Wirken verbindet sich mit dem menschlichem wie ein Segen und erneuert unsere Herzen.

Und dann geschieht es. Zuerst wird wieder Ordnung gemacht. Die alten Knochen werden wieder an ihren Platz gestellt. Dann wird wie kräftig investiert. Es wird Fleisch dazu gegeben und Sehnen, damit das ganze neu funktionieren kann und endlich mit Haut überzogen, wie wenn nichts gewesen wäre. Aber das wichtigste fehlt immer noch – die Lebendigkeit. Sie wird erst wie der Atem durch die Seele der Menschen eingehaucht. Es braucht viel Seele, liebe Gemeinde!

Und siehe da …!

Wir spulen die Filmrolle der Schöpfung Gottes an den Anfang der Bibel zurück. Auch da hauchte Gott dem Menschen seinen Odem ein, nachdem alle Glieder geformt waren. Der Geist Gottes blieb eben nicht schwebend über den Wassern stehen und schaute dem Treiben der Welt von oben zu, sondern wurde zu Atem für alles was lebt. 

Hesekiel nimmt einen tiefen Atemzug und  verkündet jetzt auf einmal die Neuschöpfung der Menschen. Er kennt jetzt das Drehbuch, auch wenn er es noch nicht erlebt hat.

Ich aber sage euch…

Wir sind hier und heute an diesem Pfingstsonntag im Kino Gottes schon einige Kapitel weiter als Hesekiel. Denn wir kennen den Menschensohn Jesus Christus. Er wurde selber ermordet und begraben. Aber Jesus nahm Gott mit in die tiefste Todeserfahrung hinein.
Und – er ist nicht im Tod geblieben.

In seinem Geist, den wir an Pfingsten erhalten, dürfen wir heute wie ein Sohn zum Vater sprechen:

Siehe, sie sagen: Wir sind einsam und verlassen, und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns.

Aber der neue Geist sagt: so hat der Herr Jesus gesprochen: Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Mt 28,20).

Siehe, sie sagen: Es herrscht das Recht des Stärkeren, die Welt ist so ungerecht, und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns.

Aber der neue Geist sagt: so hat der Herr Zebaoth gesprochen: Siehe, es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen. (Sacharja 4,6)

Siehe, sie sagen:

Wir finden keinen Ausweg mehr, egal was wir tun, und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns.

Daher, weissage und sage zu ihnen: so hat der, der auf dem Thron saß gesprochen: Siehe ich mache alles neu! (Offb 21,5)

Siehe, sie sagen:

Wir sind gefangen in unseren eigenen Verfehlungen und wir können nicht entfliehen, und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns.

Daher, weissage und sage zu ihnen: so hat der Heilige Geist gesprochen: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! (Joh 1,29)

Siehe, sie sagen:

Es ist überall Krieg und Mord und Totschlag, und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns.

Daher, weissage und sage zu ihnen: so hat der Herr Jesus gesprochen: Friede sei mit euch! (Lk 24,36)

So sei es bei uns … mit deinem Geiste…

Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.                           

Amen.