In erster Linie sind "Glaubensorte" in unserem Gemeindegebiet aufgeführt, die in früheren Gemeindebriefen vorgestellt worden waren. Die Beiträge stammen vornehmlich aus der Feder von Liselotte Klein, früherem Mitglied des Redaktionsteams. Ihr soll auch an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt sein. Ein besonderes Dankeschön gebührt auch Iradj Teymurian, der die Artikel mit zusätzlichem Bildmaterial versehen und die Zusammenstellung im früheren Webauftritt öffentlich gemacht hat.
Unter den Begriff "Glaubensorte" fallen aber nicht nur Kirchen, Kapellen und physische Orte, sondern auch virtuelle, denn Glaube und Gottesbegegnung sind nicht an sakrale Räume gebunden.
- St. Johannes Baptist in Berg
- Die Wallfahrtskirche in Aufkirchen
- St. Stephan in Mörlbach
- St. Anna in Kempfenhausen
- St. Valentin in Allmannshausen
- St. Peter und Paul in Harkirchen
- Die zwei Kirchen von Höhenrain
- Das Gotteshaus Biberkor
- St. Martin und St. Nikolaus in Farchach
- Unser Katharina von Bora-Haus
- Der Andachtsraum in der MS-Klinik
- Der Kreuzweg in Aufkirchen
- Der Anfang evangelischen Gemeindelebens in Berg
- Der Friedhof in Aufkirchen
- Die Wegkapelle St. Anna in Berg
- Labyrinth
- Die Gemeinde als Glaubensort
- Was Kirche sein soll?
Die Kirche St. Johannes Baptist in Berg
In Bayern ist im 8. Jh. eine große Anzahl von Kirchen entstanden, in der Mehrzahl als Eigenkirchen adeliger Grundherren auf eigenem Grund. Diese Eigenkirchen mußten zwar vom Bischof geweiht werden, verblieben aber im Besitz der Gründer und in der Verfügungsgewalt der Grundherren, wenn nicht eine Schenkung an den Bischof erfolgte. Die Eigenkirchen schränkten das bis dahin unbegrenzte Verfügungsrecht der Bischöfe ein, schmälerten ihre Einkünfte und führten zur Dezentralisation der kirchlichen Organisation, weshalb Karl der Große 794 Gesetze zum Eigenkirchenwesen erließ, um die Konflikte beizulegen. Er verbot, vom Kirchengut etwas abzutrennen und machte den Grundherren zur Auflage, die Kirche ausreichend auszustatten, ihre wirtschaftliche Basis zu gewährleisten und machte ihnen zur Pflicht, zur Kirchengründung und zur Ernennung eines Geistlichen die Erlaubnis des Bischofs einzuholen. 819 sprach Kaiser Ludwig der Fromme den Eigenkirchen auch das Zehntrecht zu, wobei die Zehntabgabe zu gleichen Teilen dem Bischof, dem Grundherrn, dem Geistlichen und den Armen zufließen sollte.
Die Freisinger Traditionen verzeichnen vier Schenkungen in Berg an das Hochstift Freising im 9.Jh. Das sind die ältesten urkundlichen Zeugnisse von Berg. In fünf Bistumsbeschreibungen ist das Gotteshaus St. Johannes Baptist in Berg erfaßt, wobei es in der Beschreibung von 1884 heißt: Berg ist ein Dorf mit Nebenkirche, königlichem Schloß und Sommervillen, mit 145 Seelen und 31 Häusern. Die Kirche hat einen Spitzturm und zwei kleine Glocken. Patron ist der hl. Johannes Baptist.
Diese kleine Kirche St. Johannes Baptist, worin auch wir unsere Gottesdienste abhalten, stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist romanischen Ursprungs. Sie steht an eindrucksvoller Stelle unmittelbar an der Kante des Steilhanges hoch über dem See und vermittelt noch heute einen guten Eindruck von einer kleinen romanischen Taufkirche.
Der einschiffige Bau mit niederer halbrunder Apsis hat dicke Bruchsteinmauern. In spätgotischer Zeit wurden Dachstuhl und Giebel erhöht und die Giebelfenster eingefügt. Die Barockisierung des Kirchleins erfolgte 1658/59. Dabei wurden die Fenster vergrößert und durch ein weiteres Fenster ergänzt, die Empore umgebaut und eine Zwischendecke eingezogen. Der Kirchenraum erhielt einfache Modelstuckleisten, die den niederen Bogen, hinter dem die Apsis anschließt, und die Fenster umrahmen. Die abgesenkte Decke ist in der Mitte mit einem runden Stuckrahmenfeld verziert und mit Eierstabstuckleisten eingefaßt. Das Zwiebeltürmchen der Kirche wurde 1867 durch den heutigen Dachreiter mit der schindelgedeckten Spitze ersetzt, den König Ludwig II. gestiftet hat. In der Apsis steht der Altar aus dem 17. Jh. mit der Rokokofigur des Kirchenpatrons Johannes Baptist aus der Mitte des 18. Jh.s flankiert von der hl. Magdalena und der hl. Monika. Auf den seitlichen Konsolen auf der rechten Seite des Torbogens steht eine spätgotische Muttergottes. An der Südwand des Kirchenschiffs hängt ein mächtiges Barock-Kruzifix mit der Schmerzensmutter und zwei frühbarocken jubilierenden Engeln vom Anfang des 17. Jh.s. Das bedeutendste Kunstwerk der Kirche ist das spätgotische um 1500 entstandene Relief des Todes Mariae im Kreise von 10 Aposteln. Die knieende Gottesmutter wird von Johannes gehalten und erwartet, im Gebet versunken, ihre Todesstunde. Die beiden Leuchterengel stammen aus dem 16. Jh.
Der Kirchenraum ist durch das über die Fenster einfallende Licht ausgeleuchtet und wirkt hell und warm.
Liselotte Klein
Die Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt in Aufkirchen
„Kann man, darf man einer Gegend Zärtlichkeit nachsagen? Die Gegend, das ist der See und das sind diese immer rund verlaufenden Hügel am See. Auch das Hinterland rundet sich so von Hügel zu Hügel. Tausendfach. Und keine zwei dieser Höhen sind einander gleich. Und das hochdeutsche Wort Hügel beweist einmal mehr, wie unfähig die hochdeutsche Sprache ist, unser Hiesiges zu benennen. Bleiben wir bei Höhen. So heißen sie hier. Es sind Eiszeitgeschenke.“ So schreibt Martin Walser über seinen Bodensee, so können wir es auch bei uns sehen, am Starnberger See. Die Ilka-Höhe im Westen und über den See hinüber im Osten die Höhe von Aufkirchen. Auf ihr, erhaben und schön und heimatlich der Turm der Kirche Mariae Himmelfahrt. Bei all unserem Tun am und um den See bleibt er im Blick, taucht er immer wieder neu auf, ruft er mit seinen Glocken, erstrahlt er am dunklen Nachthimmel in seinem Licht.
Die erste Nennung Aufkirchens von 994-1005 stammt aus den Traditionen des Hochstifts Freising, die ursprüngliche Kirche in Aufkirchen ist jedoch wesentlich älter und vermutlich in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts entstanden. Diese alte Kirche wurde in den Jahren 1499/ 1500 durch eine neue, größere Kirche ersetzt. Durch das spätgotische Untergeschoß des Turms und durch den niederen Vorraum unter der Empore gelangt man in die Kirche. Nach dem Durchschreiten des beachtenswerten Barockgitters von 1644 öffnet sich der lichte Kirchenraum, dessen spätgotische Entstehungszeit man in den hohen Spitzbogenfenstern und in den Netzrippen der Gewölbe spürt, welche durch die Stukkierung von 1626 unterstrichen wird. Im Zentrum des Gewölbes befindet sich die eindrucksvolle Darstellung der Dreifaltigkeit.
Vom Gewölbe hängt eine überlebensgroße Kreuzigungsgruppe aus Holz herab, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. In den Mauernischen des Chorschlusses haben sich Reste eines Freskenzyklussesaus dem 1. Drittel des 17. Jahrhunderts erhalten. Im Kirchenschiff, an der Laibung des Chorbogens beginnend, stehen auf Konsolen 1,70 m hohe Holzplastiken der zwölf Apostel von 1626 des aus Weilheim stammenden Hofbildhauers Christoph Angermair. Das Gnadenbild, die spätgotische Muttergottes mit dem Jesuskind, ist Ende des 15. Jahrhunderts entstanden und eine Stiftung von Herzog Sigmund von Bayern. Etwa 70 Votivtafeln, die zwischen 1582 und 1978 gestiftet wurden, sind noch erhalten. In der Sakristei befinden sich schöne Barockschränke, einer aus dem Jahre 1612. Die vorzüglich geschnitzten Türen der Seitenportale stammen aus dem 17. Jahrhundert.
Die Schönheit der Kirche und ihre außergewöhnliche Lage hoch über dem See hat immer viele Gläubige angezogen. Sie trägt in ihrer Gestaltung dazu bei, sich in den Gottesdienst zu versenken und im Gebet und in Andacht zu verweilen. Das Gotteshaus ist eine Einladung an uns, die weithin sichtbar ist.
Liselotte Klein
(Quelle: H.R.Klein, Bd.1 „Berg“)
Die Kirche St. Stephan in Mörlbach
Die Gemeinde Berg mit ihren 14 historischen Ortschaften liegt wie ein farbiger Blumenstrauß am Ostufer des Starnberger Sees und innerhalb dieser farbenfrohen Palette befinden sich 9 historische Kirchenstan-dorte. Sieben von diesen Gotteshäusern bestanden schon vor 1315.
Zu ihnen gehört die Kirche in Mörlbach. Der Reichtum und die Qualität ihrer gotischen Ausstattung machen das kleine Gotteshaus zu einem der bemerkenswertesten spätmittelalterlichen Denkmäler im altbayerischen Raum. Es ist ein Kleinod von ganz besonderem Reiz.
Der älteste Hinweis auf das Gotteshaus in Mörlbach findet sich in den Traditionen des Klosters Schäftlarn. Als Eberhard von Mörlbach kurz vor seinem Tod, 1222, sein Gut in Mörlbach an das Kloster Schäftlarn übergibt, befindet sich unter den Mörlbacher Zeugen auch der Priester Bernhard, d.h. es gab dort bereits eine Kirche. 1315 und 1524 wird die Mörlbacher Kirche in den Matrikeln des Bistums Freising erwähnt unter dem Patronat von St. Stephan.
Die Kirche, ein einschiffiger Bau vom Ende des 14. Jahrhunderts, mit einem gewölbten, dreiseitig geschlossenen Chor, liegt in schöner Umgebung östlich eines kleinen Weihers. Die ursprüngliche gotische Flachdecke wurde im 17. Jahrhundert durch ein barockes Tonnengewölbe ersetzt. Der schlanke Spitzhelmturm hat im 19. Jahrhundert den Zwiebelturm abgelöst.
Caspar von Tor, der Besitzer der Hofmarken Eurasburg und Mörlbach, hat 1510 dem Gotteshaus die wunderbare spätgotische Ausstattung gestiftet, die noch heute in ihrer ursprünglichen Form erhalten ist. Auf den beiden farbigen Glasfenstern sieht man St. Andreas, St. Stephan und den Stifter. Das bedeutendste Kunstwerk der Kirche ist der spätgotische Hochaltar von 1510. Er besitzt einen Figurenschrein mit zwei Drehflügeln. Im Zentrum des Schreins mit zierlichem Rankenwerk stehen der hl. Stephan, der hl. Jacobus d.Ä. und der hl. Sebastian. Die Seitenflügel zeigen in offenem Zustand Flachreliefs der 12 Apostel. Besonders schön ist auch der 1480 entstandene Verkündigungsaltar mit den geschnitzten Figuren Mariens und des Erzengels Gabriel und mit den beidseits bemalten Altarflügeln aus dem Marienleben und dem Leben Jesu. Diese Bildtafeln gehören zum besten der oberbayerischen Tafelmalerei. Im Hintergrund hat der Maler nicht mehr das traditionelle Gold verwendet, sondern reizvolle Landschaften, z.B. das Loisachtal bei Eurasburg, und Darstellungen der Pflanzenwelt. Symbolisch beziehen sich Erdbeere, Akelei, Kornblume und Wegwarte auf Maria.
Das Chorgestühl mit flachgeschnitzten Friesen mit Pflanzenornamenten und die beiden Leuchterstangen stammen von 1510, und die Stichkappen und Gewölbe sind mit zarten pflanzlichen Dekorationen der Spätgotik geschmückt. 1954/55 wurden bei Renovierungsarbeiten Wandmalereien aus dem 16. Jahrhundert freigelegt: ein fragmentarisches Christopherusfresko.
Mit seinen bedeutenden Ausstattungsstücken, deren Entstehungszeit nur wenige Jahrzehnte auseinanderliegt, gehört das Gotteshaus Mörlbach zu den wenigen, in denen noch eine fast vollständige Originalausstattung der Spätgotik erhalten ist, und es wurde deshalb als „schutzwürdiges Kulturgut“ eingestuft.
Liselotte Klein
(Quelle: H.R.Klein: Berg, Bd.4)
Die Schlosskirche St. Anna in Kempfenhausen
Reizvolle Landschaften, Höhen mit weitem Ausblick, Seeufer, vom Licht umflossene Wiesenhänge und Parkanlagen waren schon immer ein Anziehungspunkt für Wanderer, für Menschen, die die farbige Gestaltungskraft der Natur lieben und bewundern und die sich auf ihre stille Schönheit und ihren Schöpfer besinnen wollen.
Schlösser und Kirchen wurden an solchen anmutigen und zauberhaften Orten mit Vorliebe erbaut. In der Gemeinde Berg gibt es zwei Schlosskirchen. Eine davon ist St. Anna in Kempfenhausen, die gleichzeitig mit dem Schloss um 1520 entstanden ist und 1524 erstmals in der Matrikel des Bistums Freising genannt wurde. Nachdem sie baufällig geworden war, hat Caspar Marquardt Zündt von Kenzingen, der Hofmarksbesitzer von Kempfenhausen, 1691 einen Neubau errichten lassen, der 1774 auf Veranlassung des neuen Hofmarksherrn Johann Baptist von Pirchinger eine reiche Rokokoausstattung durch den bedeutenden Rokokomaler Christian Wink erhielt, der auch den Saal in Schloss Schleißheim und die Kirche St. Joseph in Starnberg ausgemalt hat.
Mit ihrer reizvollen Architektur im Inneren, der reichen, lebendigen Gliederung und ihrer außerordentlichen Altarausstattung gehört die Schlosskirche St. Anna zu den bedeutendsten Bauwerken des Landkreises Starnberg.
Äußerlich ist die Kirche ein einfacher Bau. Im Westen ist der Satteldachturm vorgestellt. Chor und Kirchenschiff sind gleich breit und durch einen stattlichen Torbogen getrennt, auf dem das Wappen der Freiherrn von Pirchinger zu sehen ist. Die Wände des Innenraumes sind durch Doppelpilaster gegliedert. Die Kuppel, die Gewölbezwickel und die Wandbereiche sind mit reichen Freskomalereien von Christian Wink versehen, signiert 1774.
Die kostbaren Rokokoaltäre stammen aus der Zeit um 1780 und sind von hoher Qualität. Die Figur im Mittelteil des Hauptaltars ist eine spätgotische „Anna Selbdritt“. Die Seitenfiguren des Hauptaltars, der heilige Joseph und der heilige Joachim, sowie die Figuren der Nebenaltäre, der heilige Silvester und der heilige Leonhard, stammen aus der Zeit zwischen 1710 und 1760. Zur Ausstattung der Kirche gehört ein Tafelbild „Die Kreuzigung“ vom Ende des 15. Jahrhunderts und ein wertvolles auf Kupfer gemaltes Triptychon „Die Dreifaltigkeit“ aus dem Jahre 1700.
1991/92 wurde die Schlosskirche im Auftrag des Landesamtes für Denkmalschutz in vorbildlicher Weise restauriert. Sie hat einen der schönsten Innenräume des bayerischen ländlichen Rokoko und sie liegt eingebettet zwischen Bäumen an einem leichten Hang im Park der Marianne-Strauß-Klinik.
Liselotte Klein
(Quelle: H.R.Klein: Eine Bayerische Chronik)
Die Schlosskirche St. Valentin in Allmannshausen
In den letzten vier Gemeindebriefen haben wir Ihnen vier Kirchen aus der Gemeinde Berg vorgestellt: Mariä Himmelfahrt in Aufkirchen, St. Johannes in Berg, St. Stephan in Mörlbach und St. Anna in Kempfenhausen.
Alle vier sind besondere Schmuckstücke.
Im ganzen gibt es jedoch 8 Kirchen, bzw. 9 historische Kirchenstandorte, wenn man Biberkor einschließt. Wie eine Perlenkette ziehen sie sich als „Glaubensorte“ durch die Gemeinde. Jedes dieser Gotteshäuser hat seine eigene Atmosphäre und Ausstrahlung. Einmal prächtig und kostbar, einmal bescheidener, aber immer ein Beweis dafür, dass es die Menschen an bestimmte und besondere Orte hinzieht, um dem Himmel näher zu sein, wie es bei uns heißt.
Das empfindet man auch beim Anblick der Schlosskirche in Allmannshausen. Unverwechselbar steht das kleine ockerfarbene Gotteshaus, dessen hoher, schlanker Zwiebelturm weit sichtbar ist, im Mittelpunkt des Ortes in beherrschender Lage über Allmannshausen.
1524 wurde St. Valentin zum ersten Mal in der „Sunderdorferischen Matrikel“ des Bistums Freising erwähnt. Nach wechselnden Besitzern kam die Hofmark Allmannshausen mit St. Valentin 1611 in den Besitz der Hörwarth, die sie 200 Jahre, bis 1800, in Familienbesitz hatten. Es ist deshalb wert, einen Blick auf die Familiengeschichte zu werfen, in deren Obhut sich St. Valentin so lange befand. Die Hörwarth waren eine altes Augsburger Bürgergeschlecht, das bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht. Drei Hörwarths hatten 1456 Kaiser Friedrich III. zur Krönung nach Rom begleitet und wurden 1459 vom Kaiser in den Ritterstand erhoben. Die bayerische Linie begründete Hans Paul Hörwarth von Haimhofen, der 1554 von Kaiser Karl V. in den Reichsfreiherrnstand erhoben wurde, eine selten vergebene Würde zu dieser Zeit. Sein Enkel, Hans Georg Hörwarth zu Hohenburg, ließ 1651 einen erweiterten Neubau der Kirche St. Valentin errichten.
Der Innenraum der Kirche ist ein Saalbau mit Korbbogengewölbe. Das helle Weiß der Wände und der Decke, nur mit Perlstabstuckleisten und Akanthusrosetten geschmückt, steht in einem lebendigen Kontrast zu der farbenfrohen Ausstattungsfülle. In der Mittelnische des barocken Hochaltars stehen die spätgotischen Holzstatuen des heiligen Valentin und der heiligen Ottilie. Die blaugoldene Kanzel ist fast identisch mit der Kanzel in Farchach und stammt wohl von dem gleichen Holzschnitzer. Die Kirche birgt Votivtafeln aus dem 17. bis zum 19. Jahrhundert und war früher am St. Valentinstag das Ziel von Wallfahrten der Flößer von Wolfratshausen. Der Kirchenraum von St. Valentin wirkt freundlich und warm durch das einfallende Licht und jeder fühlt sich willkommen. Die Kirche wird gut gepflegt und ist immer mit frischen Blumen geschmückt.
Liselotte Klein
(Quelle: H.R. Klein, Berg, Bd. 2)
Die Kirche St. Peter und Paul in Harkirchen
Die sechste Kirche in der Kette der Glaubensorte in unserer Gemeinde ist Harkirchen. Obwohl ein bescheidenes Kirchlein, steht sie einladend auf ihrem geschichtsträchtigen Boden und ist ein Anziehungspunkt der Ruhe und Beschaulichkeit. Sie liegt etwas abseits vom See, aber ihre Atmosphäre, die durch ihre Lage und ihre Geschichte geprägt ist, nimmt jeden Wanderer und Besucher für sie ein.
Die Kirche St. Peter und Paul in Harkirchen - ursprünglich Hartchiricha - gehört zu den ältesten bayerischen Kirchen und bestand schon im 1. Jahrtausend als adelige Eigenkirche. Während der Ungarneinfälle, vermutlich kurz vor 950 n.Chr., wurde sie zerstört, jedoch auf Veranlassung von Bischof Gottschalk von Freising wieder aufgebaut. In der ersten Matrikel des Bistums Freising von 1315 ist sie als Filialkirche von Aufkirchen genannt. Sie war als ehemalige adelige Eigenkirche mit dem Recht zu Bestattungen ausgestattet.
Geschichtlich ist Harkirchen interessant durch seine Lage. Mittelalterliche Fernstraßen, an die sich umfangreicher Klosterbesitz reihte, zogen sich entlang alter Römerstraßen. Kloster Schäftlarn konzentrierte seinen Besitz zwischen den beiden römischen Isarübergängen Föhring - Baierbrunn bis zum Ostufer des Starnberger Sees, wo das Reichskloster Tegernsee Besitz hatte, zu dem Harkirchen und Kempfenhausen gehörten. Damit waren „Verkehrsaufgaben“ zu erfüllen, zumal Kloster Tegernsee solche Aufgaben auch an der Fernstraße über den Achenpaß zum Inntal wahrzunehmen hatte.
Die bedeutendste und mächtigste Familie im Schäftlarner Raum war das Harkirchner Geschlecht des Volchart, das um 1120/30 als Kastellane über die Burg Beigarten und seine Ritterschaft eingesetzt worden war. Volchart und seine Nachkommen sollen ihren Sitz in Harkirchen auf der Anhöhe nördlich der Kirche gehabt haben, auf der heute noch ein Plateau zu sehen ist. Zur Kirche soll es einen unterirdischen Gang gegeben haben, der um 1900 noch existierte.
St. Peter und Paul in Harkirchen wurde im 18. Jahrhundert, wie nahezu alle bayerischen Kirchen, barockisiert und hat heute einen kleinen Zwiebelturm auf mittelalterlicher Bausubstanz. Der Innenraum ist einfach, aber sehr hübsch. Das flachgedeckte Langhaus ist mit einer einfachen Kehlleiste gerahmt. Der Chor ist dreiseitig geschlossen. Die Sakristei ist seitlich angeordnet. Der Hauptaltar wird von zwei 50 cm hohen Holzfiguren flankiert, den Aposteln Peter und Paul, die um 1510/20 entstanden sind. Oberhalb des Altars befindet sich ein reicher, schön gestalteter Altaraufsatz. An den Wänden stehen auf Konsolen Holzplastiken der 12 Apostel, die aus dem 15. Jahrhundert stammen.
Die kleine Landkirche mit ihrer großen Tradition liegt reizvoll in einer Wiese am Hang und wird von Obstbäumen gesäumt.
Liselotte Klein
(Quelle: H.R.Klein, Eine Bayerische Chronik)
Die zwei Kirchen von Höhenrain
Die Geschichte des Ortes Höhenrain, die Zeit nach dem 2. Weltkrieg mit ihrem starken Bevölkerungszuwachs und die Veränderungen der Ortsstruktur bringen es mit sich, dass in Höhenrain von zwei Kirchen zu berichten ist, von einem alten Gotteshaus und einem neuen.
Die alte Kirche, und die älteste Nachricht über sie, stammt aus dem Jahre 817, als der Priester Sindpart seinen Besitz und die Kirche zu Höhenrain dem Hochstift Freising überträgt. Sie gehörte damit zu den ältesten bayerischen Kirchen. Obwohl der Kirchenpatron der Frühzeit nicht überliefert ist, nimmt man an, dass es eine Taufkirche mit Johannes Baptist als Kirchenheiligem gewesen ist, wie eine ganze Reihe anderer Kirchen im Bistum Freising, die in diesem Jahrzehnt erstmals erwähnt worden sind. Den nächsten Hinweis auf das Gotteshaus Höhenrain enthält die erste Matrikel des Bistums Freising von 1315, worin das Recht eigener Grablege erwähnt wird, möglicherweise zu der Zeit, als Höhenrain ein bedeutender Ministerialensitz der Andechser Grafen gewesen ist. Verlässliche Angaben liefert die zweite Matrikel von 1524, sie nennt für Höhenrain Johannes Evangelist und Vitus als Kirchenpatrone.
Die alte Kirche von Höhenrain behielt ihre beiden Kirchenpatrone Johannes Evangelist und Johannes Baptist bis in unser Jahrhundet. Das Kirchlein hatte einen Altar und einen Zwiebelturm mit zwei sehr alten Glocken. In den Jahren 1879-1880 wurde die Kirche nach rückwärts um 2,5 m erweitert und 1920 erhielt sie einen zusätzlichen Seitenflügel mit 42 qm Grundfläche, wodurch ein zweiter Altar aufgestellt werden konnte und 120 Gläubige Platz fanden.
Aufgrund erneuten starken Bevölkerungszuwachses nach dem 2. Weltkrieg wurde 1949 mit dem Bau einer neuen, größeren Kirche begonnen, auf der Anhöhe über der alten Kirche, der „Märklwiese“. Am 9. April 1950 wurde die neue Kirche geweiht, die unter Verwendung altchristlicher und romanischer Stilelemente in der Form einer Basilika mit betontem Altarraum erbaut wurde. Aus der alten Kirche wurden eine Marienfigur und die Holzfiguren des hl. Rochus und des hl. Sebastian vom Ende des 15. Jahrhunderts übernommen. Sie stammen vermutlich aus derselben Hand wie die 12 Apostelfiguren in Harkirchen.
Bedauerlicherweise wurde das alte Kirchlein von Januar bis März 1952 abgebrochen. Die Steine der noch ursprünglichen schönen Tuffsteinbogen wurden verkauft. Die gotische Sakristeitüre wurde für eine Marienvotivkapelle nach Gelting abgegeben. Innerhalb des Presbyteriums wurde ein altes, enges Presbyterium einer noch älteren kleineren Kirche gefunden, und es kamen bei dem Abriss die Bekränzungen von Apostelleuchten zum Vorschein, die ursprünglich schön gemalt, durch viele Übermalungen kaum mehr erkennbar waren.
Die geschichtliche Vergangenheit dieses alten kleinen Gotteshauses wurde damit ausgelöscht, und die Gemeinde Höhenrain verlor einen liebenswerten, vertrauten geistigen Mittelpunkt ihres Dorflebens, der über viele Jahrhunderte bestanden hatte.
Liselotte Klein
(Quelle: H.R.Klein, Berg-Höhenrain, Bd. 3)
Das Gotteshaus Biberkor 1315-1895
Auch wenn in einer Gemeinde eine Kirche nicht mehr besteht, ist sie es wert, dass man sich ihrer Geschichte erinnert, ihrem Schicksal nachspürt und ihrem Leben als Glaubensort über Hunderte von Jahren nachgeht. Eine Kirche ist immer mit ihrer Umgebung verbunden, mit den Menschen und ihrer Arbeit, ihren Familien und deren Interessen.
Die älteste Urkunde über das Gotteshaus Biberkor ist die erste Matrikel des Bistums Freising von 1315. Darin ist Biberkor als Filialkirche von Aufkirchen mit dem Recht eigener Grablegen aufgeführt, was auf eine ursprünglich adelige Eigenkirche hinweist und auf eine Entstehungszeit während der Edelfreien von Biberkor oder spätestens zu der Zeit, als Biberkor Andechser Ministerialensitz (um 1206) gewesen ist.
Erster Kirchenpatron war St. Georg. In der zweiten Matrikel von 1624 wurde das Gotteshaus Biberkor jedoch mit dem Patrozinium St. Laurentius verzeichnet, bis unter den Grafen von Hörwarth, ab 1641, wiederum ein Patroziniumswechsel stattfand und St. Michael Kirchenpatron wurde, der es bis 1895 blieb.
Unter den Grafen von Hörwarth als Hofmarksherren von Biberkor be-gann man 1691, die baufällig gewordene Kirche zu renovieren. Mit dem Erweiterungs- und Erneuerungsbau erhielt das Gotteshaus von Biberkor innen und außen ein neues Gesicht im Stil des Barock. Über das Gotteshaus sind keine Ansichten erhalten. Aber nach dem Visitationsprotokoll von 1704 war das Gotteshaus Biberkor klein, vergleichbar etwa dem von Harkirchen, hatte keinen Friedhof mehr und nur einen Altar. Der Turm hatte zwei geweihte Glocken und alles befand sich in brauchbarem Zustand. Nach dem Katasterplan von 1814 betrug die Länge nach dem Umbau etwa 16,50 m und die Breite 8,50 m. Der Kuppelturm mit zwei Glocken stand auf der Westseite. Die Kirche umgab eine Einfriedung, die wohl den Grenzen des ursprünglichen Friedhofes entsprach. Leider blieb jedoch dieser gute Bauzustand nicht erhalten.
In den Jahren von 1823 bis 1862 gelang es trotz vieler Mühen von Handwerksmeistern, unterstützenden Geldern der Kirchen Farchach und Aufkirchen und von Privatpersonen nicht, dem fortschreitenden Verfall der Kirche von Biberkor Einhalt zu gebieten. In einer letzten An-strengung versuchte man 1863 mit Hilfe des königlichen Bezirksamtes München dem großen „Baufall“ abzuhelfen. Letztendlich war es jedoch umsonst.
Mit der Aufhebung der Grundherrschaften war die Baulast der ehemaligen Hofmarksherren für die Kirche entfallen, so daß deren pflegliche Betreuung nicht mehr gewährleistet war. Seit 1880 hatte der Fabrikant Christoph Boehringer das Gut Biberkor in Besitz, ihm folgte 1885 der Zivilingenieur Weber und 1889 Heinrich Höch aus München. Dieser stellte den Antrag zum Kauf der Kirche und, falls unumgänglich wegen erneut ruinösen Zustandes, auf deren Abriss. Am 7. Februar 1895 wurde die Erlaubnis erteilt zum Verkauf des Gotteshauses Biberkor auf Abbruch an Heinrich Höch für 210 Mark, die die Pfarrkirche Aufkirchen, zusammen mit dem Kirchenvermögen von Biberkor, erhielt.
Damit verschwand nach mehr als 500 Jahren das Gotteshaus von Biberkor, und so verschwand es auch aus der Erinnerung von dessen Bewohnern.
Liselotte Klein
(Quelle: H.R.Klein, Hofmark Biberkor)
Das Gotteshaus St. Martin und St. Nikolaus in Farchach
Die Kette der Glaubensorte in der Gemeinde Berg schließt sich mit dem Gotteshaus St. Martin und St. Nikolaus in Farchach. Damit sind 9 Glaubensorte wie Perlen aufgereiht, wohlplaziert inmitten einer dörflichen Struktur oder auf freiem Wiesengrund, auf weithin sichtbaren Anhöhen oder umfriedet von parkartigem Gelände wie St. Anna. Jedes Gotteshaus hat sein eigenes, persönliches, wiedererkennbares Antlitz, seine eigenständige Geschichte und ist Heimat für die Menschen in unserer Gemeinde.
Die Entstehungszeit der Farchacher Kirche liegt in geschichtlichem Dunkel. Sie ist jedoch bereits in der ältesten Matrikel des Bistums Freising von 1315 erwähnt und über ihre Kirchenpatrone St. Martin und St. Nikolaus gibt erstmals die Sunderdorfersche Matrikel von 1524 Aufschluss. St. Martin, seit dem Jahre 371 Bischof von Tours, wurde nach seinem Tod, 397, zum bedeutendsten Heiligen und Schutzpatron der fränkischen Könige. St. Nikolaus lebte zu Beginn des 4. Jahrhunderts und war Bischof von Myra. Er wurde seit dem 6. Jahrhundert verehrt, seit dem 9. Jahrhundert in Italien und seit dem 10. Jahrhundert in Deutschland. Er ist der Schutzpatron der Schiffer, Kaufleute und Schüler. Demnach könnte die Kirche in Farchach schon im 9. Jahrhundert als Martinskirche bestanden haben, und in der Zeit der Andechser, nach 1090, ist St. Nikolaus dazugekommen. Belege dafür gibt es allerdings nicht.
Im Zuge der Gegenreformation wurde auch das Farchacher Gotteshaus, das um 1700 baufällig geworden war, umgebaut und barockisiert und am 5. September 1779 vom Freisinger Fürstbischof neu geweiht.
Das Gotteshaus steht dominant im Zentrum Farchachs. Der Kirchenraum, den man durch das Sockelgeschoß des westlich angeordneten Kirchturms betritt, ist hell und licht durch hohe Rundbogenfenster. Die Wandgliederung beschränkt sich auf ein reich profiliertes Gesims in Höhe der Bogenachse der Fenster. Der Hauptaltar aus einer Wolfratshauser Werkstatt stammt von 1680/85. In seiner Mittelnische stehen die 1 m hohen Holzplastiken von St. Martin und St. Nikolaus vom Beginn des 16. Jahrhunderts. Die Seitenfiguren St. Johann und St. Paul wurden um 1700 gefertigt, ebenso die blaugold gefasste Kanzel.
Vor dem Chorbogen hängt an der Decke eine Madonna im Rosenkranz aus dem 17. Jahrhundert, in der Art der Patrona Bavariae, mit vier Engeln. Im Chor die Figuren des hl. Augustin und der hl. Monika aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. An beiden Seiten des Chorbogens stehen zwei überlebensgroße Holzfiguren der hl. Katharina und der hl. Barbara aus der Werkstatt des Christoph Angermaier von 1626. An den beiden Seitenaltären befinden sich Barockplastiken vor gemaltem Hintergrund, „Kreuzigung“ und „Pieta“. Bemerkenswert sind zwei spätgotische Tafelbilder, auf denen Geburt und Tod des hl. Nikolaus dargestellt sind. Sebastian Ligsalz hat sie im Jahre 1532 aus der Nikolauskirche in München, die für den Neubau der Michaelskirche in der Neuhauserstraße abgebrochen werden musste, für Farchach beschafft. Über der Sakristeitüre hängt eine Bildtafel von 1584, die von 5 Brüdern mit dem Familiennamen Adler gestiftet wurde, die alle dem geistlichen Stand angehörten.
Bei einer erneuten Renovierung der Kirche 1793/95 wurde an der Brüstung der Empore die Inschrift angebracht: „Lob sei Gott in der Höhe, Friede den Menschen, die guten Willens sind.“
Liselotte Klein
Unser Katharina von Bora-Haus
Wenn wir uns der 9 Glaubensorte in Berg erinnern, die wir beschrieben und kennengelernt haben, wo wir Gäste waren und immer sein dürfen, so kehren wir vielleicht wieder mit einem bewussteren Blick zum Ausgangspunkt unserer Betrachtungen zurück: zu unserem schönen Katharina von Bora-Haus. Das Haus mit dem einladenden Namen der Lutherin verspricht und schenkt gastliche Heimat wie zu deren Lebzeiten, es ist ein Ort der Gedankenfreiheit, des Gebetes, der Herzenswärme für alle, die gern dort verweilen wollen.
Weiträumig beschützend steht eine Jahrhunderte alte riesige Eiche im Osten des Hauses, da, wo das Licht aufsteigt, und behütet Eingang und Ausgang gleichermaßen. Dieser wunderbare Baum hat sogar seine eigene Flurnummer 366/2. Ein noch junger Baum hat sich jetzt am 25. Oktober dazugesellt, gegenüber dem Hauseingang, eine Robinie, die zum Gedenken an die Grundsteinlegung vor 20 Jahren gepflanzt wurde. Bäume sind ein Symbol für Leben und für Beständigkeit.
Das 4461qm große Grundstück, jetzt 3592 qm durch Straßenabtretung, wurde am 27. Februar 1961 aus bäuerlichem Besitz käuflich erworben. Die Pläne für den Bau des Hauses entwarf Architekt, Dipl.Ing. Theodor Steinhauser, damals Leiter des technischen Referats des Landeskirchenamtes. Die Baukörper sind raumbildend und höhengestaffelt angeordnet, wodurch sie sich angenehm in das abfallende Gelände und die Umgebung einfügen. Die Innenräume erhalten durch die verschieden hohen Ebenen eine spannungsreiche, fröhliche Lebendigkeit. Das Haus ist licht und hell, mit freundlichen Farben und guten Materialien ausgestattet. Im Frühjahr 1989 wurde die Inneneinrichtung besorgt und installiert, Beleuchtung, Mobiliar und sonstige Gerätschaften, sodass das Katharina von Bora-Haus am 30. April 1989 feierlich mit einem Gottesdienst eingeweiht werden konnte.
In der Folgezeit wurden dem Inventar noch einige besonders erwähnenswerte Stücke hinzugefügt: Eine 4½-Register-Orgel mit 25 Orgelpfeifen, 32 Ganztontasten aus Buchsbaum, 22 Halbtontasten aus Pflaumenholz, eingebaut in ein Eichenholzgehäuse mit geschnitzten Schleierbrettern mit Rosen-Blumenmuster (Mai 1995). Es ist das Meisterstück des Orgelbauers Josef Maier aus Hergensweiler im Allgäu. Den Altartisch fertigte der Kunstschreiner Hans Panschar, Allmannshausen, aus Felsenbirne mit einem Einsatz aus 4 quadratischen Schieferplatten (Dez. 95). Besonders schön sind die Abendmahlsgeräte aus Sterlingsilber: Kanne, Hostiendose, Pantene und ein Kelch mit einem Bergkristall (Jan.1996), dazu ein zweiter Kelch mit einem hellblauen Calcedon (Feb. 2003). Die Kelchinnenflächen sind vergoldet. Entwurf und Herstellung sind von Prof. Hermann Jünger und Ludwig Menzel, Berlin. Das Altarkreuz ist von schlichter Eleganz.
Wenn man dem zeitlichen Werdegang und der Vollendung dieses Hauses nachsinnt und beides überdenkt, stellt man dankbar und mit Freude fest, dass trotz aller Verzögerungen, die vor und in der Bauphase auftauchten, ein modernes, offenes und gastliches Haus entstanden ist, in schöner Lage, mit weitem Blick in die südliche Landschaft. Es ist eine besondere Perle in der Reihe unserer Glaubensorte, die den Anspruch stellen darf, dass man ihr mit Aufmerksamkeit begegnet und ihr eine verantwortungsvolle Pflege angedeihen lässt.
Das Katharina von Bora-Haus ist das geworden, was als Wunsch in der Urkunde der Grundsteinlegung am 25. Oktober 1987 festgehalten wurde: „Wir wünschen, dass dieses Haus eine Stätte wird, wo Menschen Heimat und Geborgenheit finden, wie es das Wort dieses Sonntags sagt: Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen." (Jeremia 17/14)
Liselotte Klein
Der Andachtsraum in der MS-Klinik in Kempfenhausen
Auf dem 8 ha großen, schönen, sonnigen, nach Westen zum See hin abfallenden Gelände in Kempfenhausen liegt seit 1988 die Marianne-Strauss-Klinik für Multiple Sklerose. Sie steht auf dem gleichen Gelände wie das alte Schloss Kempfenhausen und die wunderschöne Schlosskapelle St. Anna, deren barocke Innenbemalung Christian Wink einst besorgte.
Als Gegenstück und als neuen, modernen Glaubensort dazu, hat die Klinik einen Andachtsraum im Hause geschaffen, der für evangelische, katholische und ökumenische Gottesdienste gleichermaßen genutzt wird. Er ist etwa 14 mal 7 m groß und für Patienten und Besucher bequem zugänglich. Seine Atmosphäre ist ruhig und bewusst schlicht. Der Altartisch aus milchweißem Marmor mit hellgrauer Zeichnung ruht auf einem interessant gestalteten Metallkörper. Dazu passend ist das metallene Tabernakel formschön über Eck im Hintergrund angebracht, daneben das ewige Licht. Durch ein großes Westfenster fällt Tageslicht auf ein Bronzerelief hinter dem Altar, an der Nordwand, mit der Darstellung des „Barmherzigen Samariters“. An der Westwand steht auf einer Wandkonsole eine etwa 90 cm hohe farbige Madonna mit Kind in barocker Formgebung. Daneben hängt ein Tafelbild der Kreuzigung, gemalt im Stil der italienischen Barockmalerei. Beide Kunstwerke stehen in einem gewissen Spannungsaspekt zu den gegenüber hängenden vier modernen, farbigen Bildern, die in Symbolen die vier Evangelisten darstellen und 1987/88 von der Münchner Künstlerin Ricarda Dietz geschaffen wurden. Die Verschiedenheit der Kunstwerke verleiht dem Andachtsraum Lebendigkeit, ohne seine Ruhe zu stören. Die helle Ausleuchtung des Altartischs durch ein eingebautes Fenster oberhalb des Deckenraumes, abends erhellt durch Scheinwerfer, gibt diesem Teil des Raumes ein besonders strahlendes Licht und zieht dadurch unwillkürlich den Blick auf sich. Der ganze Raum ist am Abend in ein angenehmes Licht getaucht durch kleine in die Decke eingelassene Leuchten.
Die Tür zu diesem Andachtsraum steht offen, so dass er ein Glaubensort ist für alle, die, zu welcher Zeit auch immer, sich versenken wollen in Gebet, Meditation oder Gottesdienst.
Liselotte Klein
Der Kreuzweg in Aufkirchen - ein ökumenischer Weg
Johann Ulrich Himbsel, den begabten, königlichen Baumeister, kennt man hier am See vor allem als den Begründer der Starnberger Dampfschiffahrt (1851) und der ersten Eisenbahn von München nach Starnberg (1854). Eine ganz andere Seite seines Wesens zeigt sich in seiner Stiftung von 1856: dem Kreuzweg in Aufkirchen.
Johann Ulrich Himbsel war ein vielgereister, phantasievoller und dynamischer Mann, aber auch gläubig und gottesfürchtig. Nach dem Tod seiner Frau und seines jüngsten Sohnes, die 1854 an der Cholera starben, ließ er aus Trauer den Kreuzweg mit seinen 14 Stationen anlegen, der von seiner Villa am See bis hinauf zur Wallfahrtskirche St. Mariä Himmelfahrt in Aufkirchen führen sollte. Aufkirchen war von alters her ein vielbesuchter Wallfahrtsort im bayerischen Oberland. Himbsel beauftragte den Bildhauer Anton Ganser mit der künstlerischen Gestaltung der Terracotten und Medaillons und sorgte selbst für die Fertigstellung der einzelnen Stationen, sodass die feierliche Einweihung des Kreuzweges am 16. Juli 1857 stattfinden konnte.
Die einzelnen Stationen sind:
I. | Jesus wird von Pilatus zum Tode verurteilt |
II. | Jesus nimmt das Kreuz auf sich |
III. | Jesus fällt zum ersten Mal |
IV. | Jesus begegnet seiner Mutter |
V. | Simon von Kyrene hilft Jesus das Kreuz tragen |
VI. | Veronika reicht Jesus das Schweißtuch |
VII. | Jesus fällt zum zweiten Mal |
VIII. | Jesus tröstet die weinenden Frauen |
IX. | Jesus fällt zum dritten Mal |
X. | Jesus wird seiner Kleider beraubt |
XI. | Jesus wird ans Kreuz genagelt |
XII. | Jesus stirbt am Kreuz |
XIII. | Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß Mariens gelegt |
XIV. | Grablegung. Der Kreuzweg folgt in seinen Bilddarstellungen des Leidens Christi dem Kreuzweg in Jerusalem, der Via Dolorosa. |
Der Kreuzweg Aufkirchen ist bis heute erhalten, wurde zwischenzeitlich restauriert und von Übermalungen befreit, und jede Station ist an drei Seiten mit einer Thujenhecke umpflanzt und vorn mit niedrig gehalte-nen Kornelkirschen und einem kleinen Ziergitter eingefriedet. Unterhalb der schön gearbeiteten Terracotten stehen Schmuck-Amphoren, die mit Blumen der Jahreszeit bepflanzt sind. Der etwa 1,2 km lange Weg mit seinen in gleichmäßigen Abständen liegenden Stationen liegt malerisch in der Landschaft. Er beginnt oberhalb des steilen Seehangs von Leoni, führt über die Ostuferstraße hangaufwärts, ist zum Teil eingebunden in Gärten und führt an privaten Anwesen vorbei, bis er gegenüber dem Eingangsportal der Kirche Mariä Himmelfahrt endet. In der Passionszeit beteiligen sich an dem Andachtsweg inzwischen beide Kirchen, die Andachten werden jeweils von verschiedenen Gruppen der katholischen und evangelischen Gemeinden vor den einzelnen Stationen gehalten, und die Bevölkerung nimmt daran regen Anteil. Am Karfreitag diesen Jahres, am 21. März, waren es trotz des sehr schlechten Wetters etwa 150 Personen.
Der Aufkirchner Kreuzweg, der sich so nahtlos in seine farbige Umgebung eingefügt hat, ist auch zur übrigen Zeit des Jahres ein Anziehungspunkt. Er ist ein schöner Spazierweg, an dessen Ende man eine wunderbare Aussicht über die Landschaft hat, bis weit hinein ins Gebirge. Zwei Bänke stehen zwischen den letzten beiden Kreuzwegstationen. Er bietet so zu jeder Zeit die Möglichkeit zur Meditation, zu einem stillen Gebet und zur Rückbesinnung auf unser Leben. Oft liegt ein frisch gebundener Strauß an einer seiner Stationen.
Liselotte Klein
(1 S. Sterzinger: J.U.Himbsel)
Der Anfang evangelischen Gemeindelebens in Berg
Wie war der Anfang - wie hat alles begonnen? Eine Frage, die heute in verschiedenen Bereichen des Lebens gestellt wird, vielleicht, weil in unserer globalen Welt die eigene Identität und die Echtheit der Werte immer von neuem in Frage gestellt werden. Man prüft bei sich selbst, wo empfindet man sich zugehörig, wo und worin ist man „zuhause“. Dazu gehört auch die evangelische Gemeinde, der man angehört. Und man freut sich, wenn man feststellen kann, dass sie sich aus kleinen Anfängen kraftvoll und positiv entwickelt hat.
Was die Glaubensgemeinschaften von katholischen und evangelischen Christen hier bei uns am See betrifft, so hat die ursprünglich katholische Bevölkerung durch die Jahrhunderte wunderschöne Heimstätten ihres Glaubens geschaffen. Sie sind heute offenen Herzens auch Heimat für evangelische Christen. Ein erfreuliches Ergebnis bewusst gelebten ökumenischen Lebens, das auch heute noch keine Selbstverständlichkeit ist.
Wesentliche politische Entscheidungen machten es möglich, dass sich evangelische Gemeinden bilden konnten. Im Jahre 1800 wurde unter dem Staatsminister Freiherrn Maximilian von Montgelas den Protestanten das Recht der freien Niederlassung und das Recht zum Erwerb von Liegenschaften zuerkannt, und im Jahre 1803 beendete das Religionsedikt die ausschließliche Katholizität in Bayern und den Katholizismus als Staatsreligion. Damit kam neue Bewegung und Veränderung in die Bevölkerung durch Zuzug evangelischer Bürger.
Trotzdem war die Zahl derjenigen, die sich zu Gottesdiensten trafen, am Anfang noch sehr gering auf dem Land. Man hatte kein eigenes Gemeindehaus, keine Kirche, sondern man traf sich in privaten Häusern, z.B. dem „Dosch“, dem späteren „Schloss Elsholz“, in Berg oder dem „Zacherl“, einem Hof in Aufhausen. Der „Dosch“ wurde 1841 von Joseph Schleifer an den sächsischen Legationsrat Baron Franz von Elsholz verkauft, der ihn umbaute. Baron Elsholz war evangelisch und stellte in seinem Anwesen Räumlichkeiten für Gottesdienste zur Verfügung. Ebenso wurde es auf dem Zacherl-Hof gehandhabt, der zur damaligen Zeit im Besitz von Anton Berghofer war. Im Frühjahr 1851 fand der erste evangelische Gottesdienst statt. Sogenannte Reiseprediger betreuten die Gottesdienste, wie z.B. Friedrich Popp und Adolf Elsperger. Zweimal im Jahr, dann immer öfter, wurden auf diese Weise evangelische Gottesdienste mit anschließendem Abendmahl abgehalten. Schloss Elsholz und der Zacherl-Hof sind somit als die eigentlichen ursprünglichen „Glaubensorte“ evangelischen Gemeindelebens hier in Berg zu nennen. Leider existieren sie heute nicht mehr. Aber es ist gut, sich ihrer Lage im Ort und ihrer ehemaligen Bedeutung zu erinnern. 1976 wurde Schloss Elsholz (damals Institut Kamber) abgerissen, der Grund ist jetzt privat bebaut, und auf dem Grund des ehemaligen Zacherl-Hofes steht seit 1988 der Bauhof der Gemeinde Berg.
Rund 130 Jahre trennen uns von diesen bescheidenen Anfängen evangelischen Lebens in den genannten beiden Häusern bis zur Einweihung unseres evangelischen Gemeindehauses, dem Katharina von Bora-Haus, im Jahre 1989. Die Gemeinde ist bis heute auf 1415 Mitglieder angewachsen, führt ein lebendiges Gemeindeleben und ist jetzt auf eigenem Grund und Boden wahrhaft in Berg zuhause.
Liselotte Klein
Der Friedhof in Aufkirchen. Von der Dunkelheit zum Licht
Das neue Kirchenjahr beginnt mit dem 1. Advent, der dieses Jahr auf den 30. November fällt. „Advent“, die Ankunft Christi. Wir entzünden an diesem Sonntag das erste von vier Lichtern, die die vier Wochen bis zur Weihnacht begleiten.
Diesem Neubeginn geht das Ende des alten Kirchenjahres voraus. Ein Anlass für uns, die vergangene Zeit zu überdenken, wie wir sie erlebt und gelebt haben. Wir denken und erinnern uns an die Menschen, die nicht mehr mit uns leben, und wir bringen ihnen Lichter auf ihre Ruhestätten im Friedhof in diesen dunkleren Tagen. An Allerheiligen, Allerseelen, am Ewigkeitssonntag, im Advent, an Weihnachten und Silvester. Wir bauen damit für sie und für uns Brücken aus der Dunkelheit in das Licht, ein Symbol dafür, dass der Tod nicht das Ende ist. Ein Friedhof gehört deshalb zu den besonderen Glaubensorten einer christlichen Gemeinde.
Es gibt berühmte Friedhöfe in der Welt. In den großen Städten der Länder, weite Landstriche mit Gräbern aus den zwei Weltkriegen, besondere, vertraute, kleine Friedhöfe auf dem Land. Alle spiegeln sie Glaube, Sitte und den Geist der Zeit und der Geschichte wider. Auch unser Friedhof in Aufkirchen gehört dazu. Er liegt heimatlich friedvoll auf der Höhe von Aufkirchen, bei der Kirche Mariae Himmelfahrt, angelehnt an die Mauern des Klosters. Und er liegt mitten im Ort, was sein besonderer Vorzug ist.
Der Friedhof ist so alt wie die Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt selbst, wenn nicht sogar älter, denn vor deren Bau im Jahre 1499 bestand schon eine kleinere Kirche, die aber nicht mehr genügend Platz bot für die vielen Gläubigen. Man hatte deshalb den Neubau beschlossen. Im Jahre 1500 wurde die Kirche fertiggestellt und geweiht. Herzog Albrecht IV., seine Frau Kunigunde und sein Bruder Herzog Siegmund hatten den Bau freigebig unterstützt. Unser Friedhof Aufkirchen reicht also bis in diese Zeit zurück und umfasst heute eine Fläche von 2 Hektar. Im Inneren der Kirche findet man mit die ältesten Grabplatten mit Inschriften von Verstorbenen, z.B. über der Tür der Sakristei: „Johannes Georg Hörwarth, verstorben am 15. Januar 1622“. Hans Georg Hörwarth war Geheimer Rat und Kanzler unter Herzog Wilhelm V. und Herzog Maximilian I., er war Besitzer der Hofmark Berg mit Aufkirchen, Allmannshausen und Biberkor, der Hofmarken Poschetsried, Forstenried, Planegg, Seeleiten und Steinach. Er war nicht nur erfolgreich politisch tätig, sondern stand auch in Gedankenaustausch mit zahlreichen Gelehrten, darunter dem Astronom Johannes Kepler1. Auch eine Grabplatte eines Augustiner Chorherrn, die ihren Sitz in Diessen hatten, ist zu finden. Außen an der südlichen Kirchenwand findet man eingelassene Grabplatten, 1514 ist zu entziffern und an der östlichen Friedhofsmauer 1522 mit der Familieninschrift der Ligsalz, frühe ehemalige Hofmarksbesitzer von Berg, daneben die Gedenktafel an J.U. Himbsel, der den Kreuzweg gestiftet hat. An der westlichen Wand des Kirchenschiffs findet man die Inschriften des Veroneser Geschlechts der Rambaldi, die ein Jahrhundert, vom Beginn des 19. Jahrhunderts, in Berg lebten und Besitz hatten. Es reiht sich Lebensbild an Lebensbild beim Lesen dieser Namen.
Obwohl die Friedhöfe für die Toten sind, sind sie Teil unseres Lebens. Sie sind ein Kulturgut und gehören zu uns und unserer Geschichte.
Liselotte Klein
(1 H.R.Klein, Berg, Bd. 1)
Die Wegkapelle St. Anna in Berg
Während der letzten vier Jahre haben wir Ihnen in jedem Gemeindebrief einen bestimmten Ort des Glaubens vorgestellt. Es waren die acht schönen Kirchen der Gemeinde Berg, auch Biberkor als neunten Ort, wo einmal eine Kirche stand, unser Katharina von Bora-Haus, der Andachtsraum in der MS-Klinik, der Kreuzweg, die Häuser und Orte, wo das Leben der evangelischen Gemeinde am Ostufer begonnen hat und der Friedhof als Stätte des Glaubens und Friedens.
Da meldet sich zum Schluss noch eine leise Stimme zu Wort, die Wegkapelle St. Anna. Wenn man den Kapellenweg in Berg bis zum Waldrand hinaufgeht, steht linker Hand, direkt am Weg, eine kleine Kapelle. Sie öffnet sich mit ihrem Eingang nach Osten, an der Südmauer steht einladend eine Bank, von der aus der Blick weit ins Gebirge schweifen kann. Still und beschaulich und ein bisschen unbeachtet steht sie auf diesem schönen Fleckchen Erde. Sie wurde 1826 errichtet, nachdem die vormals dort stehende Kapelle 1803 abgerissen worden war. Die Wegkapelle St. Anna umfasst ca. 9 qm, ist mit einem geschweiften Kuppeldach ausgestattet und bekam einen hölzernen Vorbau im Osten. Die Wetterseite ist mit Holz verschalt.
Eine große Esche neben der Westmauer musste gefällt werden, damit herabfallende Zweige nicht das Dach beschädigen und ihre Wurzeln nicht die Grundmauer. Als Ersatz wurde in gebührender Entfernung eine Weißbuche gepflanzt. Auf der Südseite wird sie von zwei Wildrosenbüschen geschmückt. Die Kapelle St. Anna ist in der Denkmalliste im Landratsamt Starnberg verzeichnet und in privatem Besitz.
Schaut man durch die verglaste Türöffnung, sieht man im Hintergrund eine etwa 75 cm hohe hölzerne, bemalte Pieta, die ursprünglich von mehreren Heiligenfiguren umgeben war. Leider hat die kleine Kapelle schon einen Einbruch über sich ergehen lassen müssen, wobei zwei Vollholzplastiken entwendet wurden. Aus diesem Grund sind die restlichen Figuren privat in Sicherheit gebracht worden. Ein Weg, der am Waldrand entlang in die stattliche Lindenallee einmündet, verbindet St. Anna mit der Wallfahrtskirche Aufkirchen.
Die Kapelle hat durch ihre Lage, ihren Bau und Lichteinfall einen außerordentlichen Charme. Sie ist wirklich ein Wegzeichen, eine Einladung zum Verweilen und passt sich wunderbar zu jeder Jahreszeit in ihre Umgebung ein. Die Katholiken feiern am frühen Abend des 26. Dezember dort die Waldweihnacht - ein besonderer Tag für die kleine Kapelle. Es finden sich auch immer wieder Blumen vor der Tür oder im Innenraum. Sie wird nicht vergessen.
Liselotte Klein
Labyrinth
Meine erste Begegnung mit dem Labyrinth machte ich vor einigen Jahren in Altenburg - Steinplatten eingelegt in eine Wiesenfläche des alten Schlossparks, eine vereinfachte Nachbildung des Labyrinths von Chartres. Ich lernte dort, dass ein Labyrinth ursprünglich gar kein Irrgarten ist – es führt ein klarer Weg mit mehreren Kehren in die Mitte.
Schritt für Schritt bin ich geführt, das schafft das Vertrauen des sicheren Ankommens, die Mitte wartet. Seit Jahrtausenden ein Symbol des Lebensweges - ein Symbol, das auch mich in seiner Einfachheit tief beindruckt hat. "Vertrauen", "Loslassen" - geht das einfach so?
Auf meinen 1000 km Jakobsweg in Spanien und Frankreich im Frühjahr und Herbst 2004 habe ich dann die gleiche, tiefe Erfahrung gemacht – geführt auf einem klaren Weg zu sein. Je länger ich unterwegs war, umso größer wurde das Erkennen, die Dankbarkeit und Freude über dieses Geschenk.
Zurückgekehrt wollte ich gerne ein Stück dieses wunderbar klaren Weges allen zugänglich machen. Ein kleines Stück "unterwegs" sein im Alltag, ein kleines Stück Besinnlichkeit, Spiritualität, Vertrauen ins Angebundensein an die Mitte: ein Labyrinth.
Gemäht von mir in die Rasenfläche vor der Kirche in Aufkirchen (linkes Bild) und dem Evangelischen Gemeindehaus in Berg (rechtes Bild) lädt das Labyrinth nun ein, sich Schritt für Schritt einzulassen in diese Erfahrung: ich bin gehalten. Egal wie ich auch gehe, wie weit weg ich mich auch fühle - ich komme in die Mitte!
Aus dem Buch "Labyrinth – Wege der Erkenntnis und der Liebe" von Gernot Candolini:
"Das Labyrinth ist eine Einladung zur Verlangsamung der Zeit, ein Ort des Zur-Ruhe-Kommens, der Konzentration und der Einkehr.
Seit mindestens 5000 Jahren hinterlässt das Labyrinth seine Spuren in der Kulturgeschichte – bis heute. In vielen alten Kathedralen z.B. in Chartres ist es noch vorhanden. Das Besondere an der Konstruktionsmethode aller ursprünglichen Labyrinthe ist, dass es nur einen Weg zur Mitte gibt. Es gibt keine Abzweigungen, keine Sackgassen, keine Möglichkeiten, sich zu verirren.
Das Labyrinth ist das Bild einer großen Einladung, seinen Weg zu gehen, voranzuschreiten und in den Wendungen Neuanfang und Neuorientierung zu üben und zu vollziehen. Wenn wir auf den äußeren Kreisbahnen gehen und sich der Weg von der Mitte weg wendet, durchwandern wir die Wege des Zweifelns. Aber das Labyrinth birgt die Sicherheit, daß ich auch in der Ferne gehalten bin. Alles gehört zusammen. Ich bin auf dem Weg. Es wartet in der Mitte.
Wer ein Labyrinth begeht, erkennt meistens relativ spät, meistens erst auf den letzten Metern, wie nahe er der Mitte ist. Wenn ich es zulasse, kann ich mich hier vom Geheimnis des Glaubens und des Lebens berühren lassen.
Das Labyrinth kann durch zwei einfache Überquerungsschritte über den Eingang verlassen werden. Oder: Es beginnt eine innere Umkehr, wir wenden uns bei dieser Neuausrichtung im langsamen Zurückschreiten denjenigen Menschen zu, die unser Zuhause bilden. Dieser Rückweg hat einen völlig anderen Charakter – es ist der Weg zum Du. LIEBE braucht beides: sich finden und sich dem anderen zuwenden.
Nicht jede Labyrinthbegehung ist mit einer Offenbarung verbunden, aber viele begegnen der Stimme des Herzen. Und vielleicht begegnen wir auch Gott selbst – das Labyrinth schenkt uns eine Möglichkeit dazu."
Erika Laurent
Die Gemeinde als Glaubensort
In einer E-mail vom 22. Juli 2009 hieß es: „Liebe Gemeinde, unsere Kirchengemeinde hat einen neuen Pfarrer! Pfarrer Johannes Habdank“ Das ist erst einmal eine überraschende Aussage, denn Pfarrer Habdank ist für uns ja nicht mehr neu, nachdem er schon Monate für die Gemeinde stellvertretend tätig war, aber dieses: „wir haben einen neuen Pfarrer“ hat doch eine eigene Betonung, sagt etwas Besonderes aus. Erwarten wir also etwas Neues, vielleicht sogar einen Neuanfang?
Und wie soll dieser Neuanfang aussehen? Unser Thema auf dieser Seite heißt: Glaubensorte. Gibt es so etwas wie: die Gemeinde als Glaubensort? Könnte das neu sein? Im vorletzten Gemeindebrief erwähnten wir, dass wir Ihnen in den letzten vier Jahren in jedem Gemeindebrief einen Glaubensort vorgestellt haben. Glaubensorte, die man sehen, besuchen, sozusagen anfassen kann, berühren, in ihnen und bei ihnen verweilen kann. Es sind Räume damit verbunden, Gegenstände, es sind liebgewordene Orte, die uns vertraut sind, wo wir immer wieder hingehen, vielleicht sogar ein Zuhause neben unserem eigentlichen Zuhause.
Deshalb legen wir auch Wert darauf, dass diese Orte gepflegt werden, sozusagen behütet, wir mögen es nicht, wenn dort irgendetwas nicht seine wahre Ordnung hat, nicht schön ist im eigentlichen Sinne.
Es sind alles Orte, wo viele Menschen hingehen und aufgrund der Bedeutung des Ortes zu einer Gemeinschaft werden. In diesem Sinne sind diese Orte auch geschaffen worden, von den Künstlern, Baumeistern, Malern, Holzbildhauern, Handwerkern jeglicher Art. Sie alle haben am gleichen Ziel gearbeitet, sich darauf gefreut, diesen Glaubensort zu formen und zu gestalten. Und sie haben es so gut gemacht, daß diese Orte auch heute noch für uns da sind.
Kann eine Gemeinde auch so ein Ort sein? Nicht anfassbar aber fühlbar? Ich glaube schon. Und jetzt haben wir einen neuen Pfarrer, der diesen erfühlbaren Raum einer Gemeinde neu gestalten kann, ihn uns anheim stellt, damit wir ihn mit Freude betreten können. Auch für die, die noch kein Zuhause in der Gemeinde haben und eigentlich noch nicht wissen wie man ihr begegnen kann, kann ein Pfarrer einen vertrauten Raum erschaffen, in dem sie sich zugehörig fühlen. Er ist eine Art Baumeister an diesem inneren Raum. Auch wir als Gemeinde können dazu etwas beitragen, soweit es in unserer Kraft steht. Das, was uns mit den gegenständlichen Orten des Glaubens verbindet, verbindet uns auch mit den geistigen. Und deshalb hat der einfache Satz: „wir haben einen neuen Pfarrer“ eine beachtliche Tragweite, die Erwartung und Hoffnung in sich birgt.
Liselotte Klein
Was Kirche sein soll?
Ein Ort, an dem der Himmel offen ist. Andererseits fühlt man sich, zumal in Ländern, in denen es viel regnet, ohne Dach nicht sehr zu Hause. Die Kirche muss also ein schützendes Dach haben, wenn sie nicht nur Schönwetter-Kirche sein will - und trotzdem soll sie ein Ort sein, der den Himmel offen hält.
Wie geht das? Und was ist Kirche? Kirche ist das, was es ohne sie nicht gäbe. Es gäbe keine Räume der großen Stille, der Meditation, des Innhaltens. Es gäbe keinen Raum, in dem Wörter wie Barmherzigkeit, Seligkeit, Nächstenliebe und Gnade ihren Platz haben, es gäbe keinen Raum, in dem noch von Cherubim und Serafim die Rede ist. Die Poesie der Psalmen hätte keine Heimat mehr. Es gäbe keinen Raum, in dem eine Verbindung da ist zu uralten Texten und Liedern - zu Liedern, die die Menschen schon vor Jahrhunderten gesungen, und zu Gebeten, die die Gläubigen schon vor Jahrtausenden gebetet haben. So aber ist Kirche ein Ort, der Zeit und Ewigkeit verbindet.
Es ist gut, dass es einen Ort gibt, an dem gesagt wird, wer gestorben ist aus der Gemeinde, und wie alt er war; es ist gut, das zu hören, auch wenn man den Verstorbenen nicht gekannt hat. Es ist gut, dass es einen Ort gibt, an dem das Kreuz sein Zuhause hat. Ja, das Kreuz ist missbraucht worden, als Drohzeichen, als Mord- und Eroberungsinstrument. Trotz alledem: Es ist das gute Zeichen des Christentums. Ein Gott, der gelitten hat, der umgebracht wurde, der also weiß, was Leiden ist, bei dem ist das Leid der Menschen aufgehoben. Ohne Kirche gäbe es keinen öffentlichen Raum, in dem ein Mensch weinen kann, bei irgendeinem Lied, bei einer Fürbitte, die ihn anrührt.
Kirche ist das, was es ohne sie nicht gäbe. Es gäbe keine Kirchenglocken, keine Gottesdienste, es gäbe keine Kirchenchöre, in denen der Handwerksmeister, die Lehrerin, der Versicherungsmakler und die Krankengymnastin nebeneinander stehen und Bachchoräle singen. Es gäbe den Blick nicht über die Dörfer mit den Kirchturmspitzen, es gäbe nicht die heiligen Haltestellen in den Großstädten der Alten und der Neuen Welt, die Kathedralen und Dome, die mehr sind als ein Erbe. Es gäbe nicht die Orte der Kraft, die Maria Laach, Ebrach, Maulbronn, Corvey, Melk, Klosterneuburg, Zwettl oder Heiligenkreuz heißen. Die Klöster sind Orte, die heute noch weiter aus der Welt gefallen sind als je in ihrer Geschichte; die Klöster waren Hochburgen des Glaubens, der Weltflucht, der Askese, aber auch Keimzelle von Bildung, Wissenschaft und Kunst. Das alles sind sie nicht mehr, nicht mehr so jedenfalls, wie sie es einmal waren. Aber der Himmel kann dort immer noch offen sein - solange aus den Klöstern nicht Vier-Sterne-Hotels mit Wellnessoase werden.
Früher sind auf dem Land die Menschen aufgefallen, die am Sonntag nicht regelmäßig in die Kirche gegangen sind. Heute fallen die auf, die regelmäßig in die Kirche gehen.
Iradj Teymurian
(nach einem Text von Heribert Prantl)