Tischabendmahl am Gründonnerstag
um 19:00 Uhr im Katharina von Bora-Haus
mit Prädikant Peter Schickel, Kräutersuppe und
szenischer Lesung aus dem Johannesevangelium
mit Fußwaschung
Nachstehend die Szenische Lesung mit Auslegung zum Nachlesen.
Ein paar Fotos von dem Abend finden Sie hier.
Szenische Lesung aus Johannes 13 und deren Auslegung von Prädikant Peter Schickel
Gründonnerstag, das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern und Jüngerinnen. Wie oft hatte Jesus schon mit ihnen zusammengesessen, gegessen und gefeiert, abends, nach den langen Wanderungen durch Galiläa. Oft waren sie müde gewesen von den staubigen Wegen, der Hitze und den vielen Menschen, die sie ständig umringten. Menschen, die sich nach Heilung ihres Lebens sehnten, nach einem erlösenden Wort, danach, sich selbst wieder annehmen zu können, wieder in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, angesehen zu werden. Häufig waren sie nur langsam vorangekommen. Immer und immer wieder war Jesus stehen geblieben, hatte die Not der Menschen angesehen, ihnen zugehört, zu ihnen gesprochen, ihnen die Hände aufgelegt, vom Reich Gottes gesprochen und sie geheilt.
Jetzt saßen sie wieder am Tisch zusammen, heute Abend, nach einem langen Tag. Müde, stelle ich mir vor, aber auch erwartungsvoll. Ja, vielleicht auch aufgeregt, nervös. Was wird in den kommenden Tagen geschehen? Sie waren schon kurz vor Jerusalem, dem Ziel ihres Weges. Dort wollten sie zum Passahfest sein und feiern. Aber irgendetwas lag in der Luft. Jesus hatte so oft in letzter Zeit von Abschied gesprochen. Merkwürdige Andeutungen von Tod und Sterben hatte er gemacht. Niemand verstand ihn so recht.
Er sei der Weg und die Wahrheit und das Leben.
Was sollte das alles heißen? Was würde passieren?
War nicht die Stunde gekommen, wo Jesus endlich allen seine Macht und Herrlichkeit zeigen könnte? War nicht Jerusalem gerade der richtige Ort dafür? Dort, wo der Tempel stand und jetzt so viele Leute zum Passahfest zusammenkamen? Dort würde es geschehen. Endlich würden alle erkennen, dass er der wirkliche Sohn Gottes ist, der lang erwartete Messias in Macht und Herrlichkeit.
Doch was geschieht jetzt?
Der Evangelist Johannes berichtet Folgendes:
(Joh 13,V 1-15, 34-35, GN)
Für die nun folgende Lesung mit Fußwaschung in verteilten Rollen treten drei Sprechende vor.
Erzähler: Das Passafest stand nun unmittelbar bevor. Jesus wusste, dass für ihn die Zeit gekommen war, diese Welt zu verlassen und zum Vater zu gehen. Darum gab er denen, die in der Welt zu ihm gehörten und die er immer geliebt hatte, jetzt den vollkommensten Beweis seiner Liebe. Er war mit seinen Jüngern beim Abendessen. Der Teufel hatte Judas, dem Sohn von Simon Iskariot, bereits den Gedanken ins Herz gegeben,
Jesus zu verraten.
Jesus aber wusste, dass der Vater ihm Macht über alles gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und wieder zu Gott ging. Das Passahfest stand bevor. Jesus wusste, dass für ihn die Stunde gekommen war, diese Welt zu verlassen und zum Vater zu gehen. Er hatte die Menschen, die in der Welt zu ihm gehörten, immer geliebt. Jetzt gab er ihnen einen letzten und äußersten Beweis seiner Liebe.
Jesus aß mit seinen Jüngern zu Abend. Da stand er vom Tisch auf, legte sein Obergewand ab, band sich ein Tuch um und goss Wasser in eine Schüssel. Dann fing er an, seinen Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem Tuch abzutrocknen. Als er zu Simon Petrus kam, sagte der:
Petrus: „Du, Herr, willst mir die Füße waschen?“
Erzähler: Jesus antwortete ihm:
Jesus: „Was ich tue, kannst du jetzt noch nicht verstehen, aber später wirst du es begreifen!“
Erzähler: Petrus widersetzte sich:
Petrus: „Niemals sollst du mir die Füße waschen, in Ewigkeit nicht!“
Erzähler: Jesus antwortete :
Jesus: „Wenn ich dir nicht die Füße wasche, hast du keinen Anteil an mir und an dem, was ich bringe.“
Erzähler: Da sagte Simon Petrus:
Petrus: „Herr, dann nicht nur die Füße, sondern auch die Hände und den Kopf!“
Erzähler: Jesus erwiderte:
Jesus: „Wer vorher gebadet hat, ist am ganzen Körper rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, allerdings nicht alle.“
Erzähler: Jesus wusste, wer ihn verraten würde; das war der Grund, warum er sagte: »Ihr seid nicht alle rein.«
Nachdem Jesus ihnen die Füße gewaschen hatte, zog er sein Oberkleid wieder an und kehrte zu seinem Platz am Tisch zurück.
Jesus: „Begreift ihr, was ich eben getan habe?“
„Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Ihr habt Recht, das bin ich. Ich bin euer Herr und Lehrer, und doch habe ich euch soeben die Füße gewaschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
Ich gebe euch jetzt ein neues Gebot: Ihr sollt einander lieben! Genauso, wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben! An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.“
Auslegung
Liebe Gemeinde,
rätselhaft das Ganze - ganzheitlich rätselhaft.
Eine verstörende Geschichte, diese Fußwaschung, besonders wenn man sie wie wir heute in einer szenischen Lesung hautnah miterleben darf. Mitten im Mahl mit den Jüngern, beim Essen steht Jesus auf. Mitten aus dem Leben mit den Jüngern, sozusagen. Seine die Jünger und uns gleichermaßen überraschende Fußwaschung, kann also doch gar keine Gründe der Sauberkeit haben, sonst hätte sie vor dem Mahl stattfinden müssen. Die Jünger waren ja schon alle auf ihren Plätzen und unterhielten sich.
Ganzheitlich rätselhaft ist sie vor allem deshalb, weil sie erst einmal auf allen Seiten irgendwie Unbehagen auslöst.
Die anfängliche Weigerung des Petrus sich überhaupt jemals von seinem Herrn und Meister, dem von ihm erkannten Christus, die Füße waschen zu lassen, spricht Bände. Eine kategorische Weigerung zunächst – ganz rätselhaft kommt Petrus das vor, was Jesus da tut. Aber dann - erst ist Petrus das alles zu viel - dann fordert er sogar ein umfänglicheres Bad ein, obwohl er ja schon rein ist um des Wortes willen, das Jesus zuvor und durch sein ganzes Leben zu den Jügern geredet hat – das deutet hin auf Johannes 15,3 „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.“.
Den Ausschlag gibt aber dann doch Jesu Erklärung: „Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir.“ So verstörend diese Liebestat im ersten Moment wirkt, so faszinierend ist sie in ihrer Andersartigkeit, so sehr erwirkt sie den Wunsch des Petrus, größeren Anteil daran zu bekommen. Es kostet ihn Überwindung, das geschehen zu lassen. Gerade ihn. Das ist bestimmt kein Zufall.
Jesus sagt dadurch „ja“ zu uns – zu jedem Einzelnen – obwohl das durch nichts zu rechtfertigen ist. Und so dürfen wir uns durch seine Liebe bejaht füllen. Wir können deshalb selbst „Ja“ zu uns und unserem Lebensweg sagen. Wir können Mut fassen unseren eigenen Weg mit Gott und zu Gott zu gehen.
Und er fordert uns auf ihm nachzutun. Sagen wir auch zu den anderen ein „Ja“.
Ich gebe euch jetzt ein neues Gebot: Ihr sollt einander lieben! Genauso, wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben! An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.
Ja, ja, ja! Ja, aber!
Das Geschehen-lassen Christi, das sich darauf einlassen, kostet uns bis heute Überwindung und Mut. Der Evangelist Johannes, wollte wahrscheinlich den Weg des Abschieds Jesu beispielhaft im Licht des Geistes und mit dem Wissen des Kreuzes und der Auferstehung aufzeigen. Noch viel verstörender, als die Fußwaschung für die Jünger wird der Weg sein, der Weg Jesu ans Kreuz und der Anblick des leeren Grabes drei Tage danach; aber sie sollen es geschehen lassen, denn es führt kein anderer Weg vorbei zu Gott. Jesus spricht „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; keiner kommt zum Vater, denn durch mich“. „Ich bin das Tor“, Ich bins.
Und so geht Jesus seinen Weg ans Kreuz. Einen Weg, auf dem ihm Petrus nicht (gleich) folgen kann.
Durch seinen Weg und seine Liebestat wischt Jesus den Staub ab - den Staub des Todes von den Füßen der Menschen, von den vielen Lebenswegen der Menschen. Er tut das, damit der Mensch nicht mehr zum Staub zurückkehren muss, sondern das Leben hat (1. Mose 3,19 Denn Staub bist du [Mensch] und zum Staub kehrst du zurück.).
Er geht den Weg als erster (Johannes 14,2-3).
Ganzheitlich verstörend ist dabei die ungerechtfertigte persönliche Zuwendung Jesu, die durch nichts Menschliches aufzuwiegende Anteilnahme, die bodenlose Zuwendung, die Liebe ohne Grund.
Und so gibt uns Jesus hier ein Beispiel der göttlichen Liebe.
Es geht im Kern nicht so sehr um die Umwendung der Werte und Hierarchien - nicht die Umkehrung von Diener und Herr ist es.
Es geht um mehr!
Jesus gibt uns ein Beispiel der Liebe Gottes.
Amen.